Berlin, 02. August 2006 - Wohl kein in Preußen erscheinendes Presseerzeugnis unterstützte so offen und
erfolgreich die propagandistischen Ziele der Regierung wie die von 1863 bis 1884 wöchentlich publizierte
PROVINZIAL-CORRESPONDENZ bzw. deren Nachfolger NEUESTE MITTHEILUNGEN, erschienen 1882 bis 1894. Diese auflagenstärkste und
einflussreichste politische Presse des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts, bekannt als Amtspresse Preußens, wurde in Berlin
in enger Kooperation mit dem preußischen Staatsministerium und dem Innenministerium herausgegeben. Die Redakteure stellten
aktuelle Ereignisse in politischen, historischen und kulturellen Kontexten dar, kommentierten und interpretierten diese.
Insbesondere die PROVINZIAL-CORRESPONDENZ wurde so weit über Preußen hinaus im deutschen Reich und im europäischen Ausland zu
einem Leitmedium und übte bedeutenden Einfluss auf die sonstige Tagespresse aus. Die von den Korrespondenzen inspirierte und
gesteuerte Presse erreichte zeitweilig ein Fünftel bis ein Viertel der Gesamtauflage der damaligen Tagespresse.
Die Zeitungsabteilung der Staatsbibliothek hat diese Amtspresse Preußens mit Unterstützung der Deutschen
Forschungsgemeinschaft digitalisieren lassen. Unter der wissenschaftlichen Leitung von Professor Dr. Rudolf Stöber,
Otto-Friedrich-Universität Bamberg, und Professor Dr. Hans Bohrmann, Universität Dortmund, wurde und wird die neue Datenbank
für die Nutzung via Internet aufbereitet. Für die historisch-politische, kommunikationshistorische ebenso wie für die
politologische und soziologische Forschung ist damit eine zentrale Quelle der regierungsoffiziellen Kommunikation der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts umfangreich erschlossen.
Gegenwärtig ist knapp die Hälfte aller Texte der Amtspresse Preußens online verfügbar, diese werden sukzessive ergänzt.
Neben den originalen Ansichten der Blätter sind die Inhalte als Volltexte recherchierbar; Sachkommentare tragen zum
Verständnis von damaligen Ereignissen und Personen bei. Ein wissenschaftlicher Kommentar sowie die Indizierung von Personen,
Orten und Ereignissen erleichtern die gezielte Suche nach historischen Daten.
Amtspresse Preußens im Internet: amtspresse.staatsbibliothek-berlin.de
Hintergrundinformationen
Die konservative PROVINZIAL-CORRESPONDENZ (PC) war die größte Wochenzeitung ihrer Zeit (bis über 150.000 Auflage) und wurde
regelmäßig von der parteipolitischen Konkurrenz zitiert, auf dass diese jeden citation index der Blätter der 1860er-1880er
Jahre anführe. Die Amtspresse Preußens galt als ?Stimme ihres Herrn?, des preußischen Ministerpräsidenten und Reichskanzlers
Otto von Bismarck; agenturähnlich fungierte sie als Korrespondenz, amtliches Anzeige-, Publikations- und Dokumentationsorgan
und wöchentliche Beilage der Kreisblätter. Die PC wurde in der Zeit des preußischen Heereskonflikts gegründet und sollte -
modern gesprochen - positive Öffentlichkeitsarbeit für die preußische Regierung betreiben. Als sie sich verbraucht hatte,
wurde sie 1884 eingestellt.
Schon zwei Jahre zuvor waren die unauffälligen NEUESTE MITTHEILUNGEN (NM) gegründet worden; auch dies geschah während einer
innenpolitischen Krisensituation nach der erdrutschartigen Wahlniederlage der Konservativen in der Reichstagswahl 1881. Die NM
wurden aus dem Bismarckschen Geheimfonds, dem so genannten 'Reptilienfonds' finanziert; sie standen im Zentrum der
konspirativen ?neuen Presseorganisation?. Das Ziel war das gleiche wie bei der PC: es sollte auf dem Lande eine der Regierung
günstige Stimmung erzeugt werden.
Die Art der Propaganda, die mit beiden Korrespondenzen betrieben wurde, unterschied sich allerdings deutlich: In der PC wurde
offen Partei für Bismarck ergriffen, und jedem interessierten Zeitgenossen war die Zusammenarbeit mit der preußischen
Regierung bekannt; die PC verfolgte damit ein Konzept der ?weißen Propaganda?. Bei den NM war Finanzierung und Organisation
jedoch verschleiert; mit ihr wurde unausgesprochen 'graue Propaganda' betrieben. Verbreitungsinstrument war in beiden
Fällen die konservative, ländliche Kreisblatt-Presse.
Quelle und weitere Informationen: staatsbibliothek-berlin.de
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Die Staatsbibliothek Berlin ermöglicht der SPSG Präsentation von Kunstwerken aus dem Nachlass des Prinzen Heinrich
Schloss Rheinsberg, 26.07.2006 - 14 Porträtbilder und drei Porträtbüsten kehren als Leihgaben der
Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz nach Rheinsberg zurück. Erstmalig nach deren Verkauf an die Königliche
Bibliothek zu Berlin im Jahre 1803 konnte die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) im Rahmen
der Ausstellung Prinz Heinrich von Preußen. Ein Europäer in Rheinsberg (2002) in der bis dahin umfassend restaurierten
Bibliothek des Schlosses Rheinsberg bereits alle Porträts zusammen mit einer reichen Auswahl von Büchern zeigen. Nach
erfolgreichen Verhandlungen zwischen beiden Verwaltern des preußischen Erbes können die Kunstwerke nunmehr für 10 Jahre
wieder am originalen Schauplatz besichtigt werden.
Die Gemälde und Büsten zählten zur Bibliothekssammlung des Prinzen Heinrich, die mit dem Gesamtbestand von über 5000
Büchern nach seinem Tode an die Königliche Bibliothek in Berlin verkauft wurde. Ursprünglich gehörte ein Teil der
Porträtbilder zur Ausstattung der öffentlichen Bibliothek, die Prinz Heinrich bereits nach dem Siebenjährigen Krieg im
Marstall einrichten ließ. Die in einem einheitlichen Rahmen mit Schriftband als zeitgenössische Kopien angefertigten Dichter-
und Gelehrtenbildnisse dienten einerseits als Raumdekoration, wiesen aber auch auf die Ideen- und Geisteswelt seines Besitzers
hin und zeugen auch in Rheinsberg vom Zeitalter der Aufklärung.
Zu den ursprünglich 16 Bildnissen gehören Darstellungen des französischen Schriftstellers Voltaire sowie der französischen
Klassiker Molière, Corneille und Racine, deren Dramen zum Repertoire am Rheinsberger Theater gehörten. Unter den Philosophen
finden sich die Porträts von Leibniz, Descartes und Locke, aber auch das des geistigen Wegbereiters der französischen
Revolution Montesquieu, dessen Schriften bemerkenswert zahlreich in einem der ursprünglich 16 Bücherschränke aus Zedernholz
standen. Das Gemälde des französischen Zoologen und Botanikers Buffon verweist auf die umfangreichen naturwissenschaftliche
Werke der prinzlichen Büchersammlung. Newtons Porträt und das des englischen Schriftstellers und Protagonisten des
Landschaftsgartens Pope sind seit 1945 leider verschollen.
Nach der Errichtung seiner neuen Privatbibliothek im 1785 angefügten südlichen Schlosspavillon ordnete Prinz Heinrich die
Porträtsammlung zusammen mit Porträtbüsten von Jean Antoine Houdon in den neuen Bibliotheksraum ein. Der Prinz hatte die
Büsten zusammen mit weiteren Arbeiten des französischen Bildhauers bei seinen beiden Reisen nach Paris erwerben bzw.
beauftragen können. Mehrfach besuchte er das Atelier von Houdon. Vermutlich schon 1784 gelangte das Porträt von Molière nach
Rheinsberg. An dem Mathematiker, Philosophen und Publizisten Marquis de Condorcet schätzte er vor allem seine rhetorischen
Fähigkeiten. Zusammen mit dem Marquis de Lafayette, der den amerikanischen Unabhängigkeitskampf aktiv unterstützte,
schmückte der Prinz seine Bibliothek auch mit Persönlichkeiten, die er nicht nur achtete, sondern auch persönlich kannte.
Mit den großzügigen Leihgaben der Staatsbibliothek zu Berlin kann ein wesentlicher Baustein der reichen Sammlung des Prinzen
Heinrich wieder rekonstruiert werden. Im Ambiente der klassizistisch ausgestalteten Bibliothek aus der letzten Bauphase des 18.
Jahrhunderts können die Bildwerke zwar die ursprünglich raumprägenden Buchrücken nicht ersetzen, jedoch illustrieren sie den
Raum für die Besucher wieder als vormaliges geistiges Zentrum des Schlosses.
Quelle und weitere Informationen im Internet unter: www.spsg.de
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was ist eine Vernissage, oder was bedeutet das Wort Impressionismus? Einige Antworten auf Fragen aus dem Bereich Kunst und
Kultur finden Sie unter dem Stichpunkt Glossar, an dessen Erweiterung wir
stetig arbeiten.
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