Bericht zur Lage der Welt 2007 vorgestellt
Berlin, 3. Mai 2007. Am heutigen Donnerstag haben die Heinrich-Böll-Stiftung und Germanwatch in Berlin
in Zusammenarbeit mit der Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann und dem Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon die
deutsche Ausgabe des "Berichts zur Lage der Welt 2007" des Washingtoner Worldwatch-Institutes vorgestellt. Der
"Bericht zur Lage der Welt 2007" analysiert den globalen Trend zur Urbanisierung und dessen Auswirkungen auf Umwelt,
Wirtschaft, Gesellschaft und Politik.
Ob die verheerendsten Folgen der drohenden Klimakatastrophe und des globalen Wandels abgewendet werden können, hängt vor allem
von der Entwicklung in den wachsenden urbanen Ballungsräumen der Welt ab. Sie seien deshalb der Schlüssel zum Weg aus der
Klimakatastrophe, so der "Bericht zur Lage der Welt 2007". Der Bericht präsentiert in einzelnen Fallbeispielen aus
allen Kontinenten lokale Lösungsansätze für globale Herausforderungen wie Klimawandel, Energiepolitik oder Armutsbekämpfung.
Mitherausgeber der deutschen Ausgabe sind die Heinrich-Böll-Stiftung und Germanwatch.
Bei der Vorstellung des Berichts sagte Bärbel Dieckmann, Bonner Oberbürgermeisterin und Vorsitzende des
Weltbürgermeisterrates zum Klimawandel sowie Exekutivpräsidentin des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE): "In
den nächsten zehn bis 15 Jahren entscheidet sich, ob wir die schlimmsten Auswirkungen noch verhindern können. Städte - und
ganz besonders die wachsenden Megacities des Südens - werden von diesen Folgen am stärksten betroffen sein. Aber sie haben
auch ein einmaliges Potenzial, die Probleme anzugehen und zu lösen! Angesichts eines globalen Prozesses, der Leidenschaft, viel
Geduld und Beharrlichkeit erfordert, liegt die Kraft der Städte in ihrer Beweglichkeit. 'Local action, global
interaction' ist die Formel: Maßnahmen vor Ort, internationaler Erfahrungsaustausch und politischer Einfluß auf die
globale Politik.
Für Bonn heißt das ein lokales Aktionsprogramm für Klimaschutz, internationale Projektpartnerschaften und immer wieder
Austausch und Bündelung der Kräfte mit anderen Städten. Im Weltbürgermeisterrat zum Klimawandel, beim internationalen
Städtenetzwerk für Nachhaltigkeit ICLEI, im Rat der Gemeinden und Regionen Europas (REGE) oder bei Eurocities - Städte
stärken sich gegenseitig und werfen ihr positives Gewicht für Klimaschutz in die Waagschale!"
Dieter Salomon, Oberbürgermeister der Stadt Freiburg, unterstrich: "Experten sprechen seit neuestem von einem
'Millennium der Städte'. Niemals zuvor hat sich die Welt so sehr verändert wie durch die Verstädterung der letzten
200 Jahre und die individuelle Mobilität durch das Auto in den letzten 100 Jahren. Je größer die Städte werden und je mehr
Menschen weltweit in ihnen leben, desto größer werden auch die globalen Belastungen, die von ihnen ausgehen:
Klimaveränderungen, Verkehrsinfarkt, Flächenverbrauch, der Umgang mit Wasser, soziale Verschiebungen in der Bevölkerung. Das
bedeutet: Die Verantwortung der Städte für globale Entwicklungen wird immer größer.
Wenn die Städte die Wende zur Nachhaltigkeit nicht schaffen, dann schafft es niemand. Klimaschutz steht an erster Stelle der
Agenda. Hier gehen die Städte mit eigenen, auf die jeweiligen lokalen Verhältnisse abgestimmten Konzepten voran. So hat sich
Freiburg verpflichtet, den Anteil regenerativer Energien bis 2010 auf 10 Prozent zu erhöhen, die CO2-Emissionen zu senken, die
Niedrigenergiebauweise über die gesetzlichen Standards hinaus zu fördern, den Individualverkehr auf den Status Quo zu
begrenzen sowie umweltfreundliche Verkehrsarten wie den ÖPNV oder den Radverkehr zu fördern und schließlich Stadtentwicklung
vorrangig als 'Innenentwicklung' mit geringst möglichem Flächenverbrauch zu konzipieren."
Für die Heinrich-Böll-Stiftung sagte deren Vorstand Ralf Fücks heute bei der Vorstellung des Berichts: "Zum ersten Mal
in der Geschichte der Menschheit wohnt bereits jetzt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in urbanen Ballungsräumen. Trotz
verbreiteter Armut und Kriminalität und trotz aller Umweltbelastungen üben Städte eine ungebrochene Anziehungskraft aus: als
Motor der Wirtschaft und Wiege der Demokratie, als sozialer Schmelztiegel und Bühne des geistigen und kulturellen Lebens.
Angesichts schrumpfender fossiler Ressourcen und einer stetig wachsenden Menschheit bieten die Städte mit ihrer
Besiedlungsdichte zudem die einzige Möglichkeit, nachhaltige Verkehrs- und Flächenkonzepte zu realisieren. Die städtebaulich
schon immer nachteilige Ausbreitung der Vorstädte, das Auswuchern reiner Schlafsiedlungen und Gewerbegebiete auf der grünen
Wiese, ist unter den Vorzeichen des Klimawandels nicht mehr haltbar."
Gunther Hilliges, Mitautor der deutschen Ausgabe und langjähriges Vorstandsmitglied von Germanwatch, unterstrich:
"Weltweit gibt es mehr als 500.000 Kommunen. Sie bedecken zwar nur zwei Prozent der Erdoberfläche, verbrauchen aber mehr
als 80 Prozent aller Ressourcen. Kommunen sind das einzige globale Netzwerk, das sich die Menschen geschaffen haben und ohne das
nachhaltige Entwicklung unerreichbar bleibt. Ihre Einbeziehung in den Globalisierungsprozess muss durch die Staaten systematisch
gefördert werden. Probleme und positive Möglichkeiten liegen eng und noch unerkannt beieinander."
Die ungebremste Tendenz zur Urbanisierung sei Bedrohung und Chance zugleich, so der Bericht, den Molly O'Meara Sheehan für
das Washingtoner Worldwatch Institute vorstellte. So hätten mittlerweile zahlreiche Großstädte weltweit die Folgen des
Klimawandels auf ihre politische Agenda gesetzt, da sie selbst direkt von den Auswirkungen bedroht seien. Von den 33 Städten
mit projektierten acht Millionen Bewohnern im Jahr 2015 seien 21 aufgrund ihrer Küstenlage von einem Anstieg des Meeresspiegels
infolge des Klimawandels bedroht. Auch in den USA haben inzwischen 300 Städte das sogenannte "U.S. Mayors' Climate
Protection Agreement? unterzeichnet, in dem sich die beteiligten Kommunen zu einer Reduzierung der klimarelevanten Emissionen
verpflichten und für eine überzeugende US-Klimapolitik einsetzen.
Der aktuelle Bericht des Worldwatch Institutes befasst sich mit lokalen Lösungsansätzen für globale umwelt- und
sozialpolitische Herausforderungen und skizziert Strategien für kommunale Entscheidungsträger: In mehreren Kapiteln werden zu
unterschiedlichen Herausforderungen wie Wasserversorgung, Transport, Energie und Klima oder lokaler Wirtschafspolitik konkrete
Beispiele für gelungene Stadtentwicklung aus so unterschiedlichen Städten wie Timbuktu, Lagos, Melbourne, Freetown, Rhizao
oder Brno vorgestellt.
Die deutsche Ausgabe von "State of the World 2007. Our Urban Future" des Worldwatch Institutes unter
Mitherausgeberschaft von Germanwatch und der Heinrich-Böll-Stiftung ist unter dem Titel "Zur Lage der Welt 2007. Der
Planet der Städte" im Verlag Westfälisches Dampfboot erschienen. Mit Vorworten von Anna Tibaijuka und Jaime Lerner sowie
Sonderbeiträgen in der deutschen Ausgabe von Gerhard Matzig, Gunther Hilliges und Ulrich Nitschke.
Zur Lage der Welt 2007. Der Planet der Städte. Verlag Westfälisches Dampfboot. 1. Auflage, Münster 2007, zahlreiche Tabellen
und Abbildungen, 336 Seiten, Preis: EUR 19,90, ISBN 978-3-89691-653-2
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Quelle im Internet und weitere Informationen unter: www.germanwatch.org
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