Angst vor der eigenen Courage
Bonn, 10.1.2006 - Die EU-Kommission hat heute Vorschläge für eine Vielzahl von Energie- und
Klimaschutzmaßnahmen vorgelegt. Sie setzt sich das Ziel, die Emissionen der EU bis 2020 um mindestens 20 Prozent gegenüber
1990 zu reduzieren. Die Kommission hatte jedoch nicht den Mut, ein 30 Prozent-Reduktionsziel und entsprechende Maßnahmen
vorzuschlagen. Nur das könnte die EU allerdings auf einen Pfad bringen, der vereinbar ist mit dem Ziel der Abwendung eines
gefährlichen Klimawandels. Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, kommentiert: "Die EU-Kommission
erklärt einerseits, dass die globale Temperatur nicht um mehr als zwei Grad ansteigen darf. Sie sagt auch, dass die
Investitionen der nächsten zwei Jahrzehnte darüber entscheiden, ob das Ziel erreicht werden kann. Aber die vorgeschlagene
Politik springt zu kurz."
Klimaziele, vornehmlich durch Energieeffizienzsteigerung
Die Kommission ergänzt ihre Verpflichtung, die eigenen Emissionen um mindestens 20 Prozent bis 2020 zu
reduzieren, um die internationale Verhandlungsposition, dass alle Industrieländer ihre Emissionen bis 2020 um 30 Prozent
reduzieren sollen. "Damit macht sich die EU vom Tempo anderer abhängig, anstatt durch ein unilaterales 30-Prozent-Ziel als
Lokomotive andere mitzuziehen", kritisiert Bals. "Wenn der eigene Energieeffizienzplan, die Road-Map für Erneuerbare
Energien und angekündigte Maßnahmen im Verkehr ernst gemeint sind, dann könnte die EU sich gut und gerne auf ein
30-Prozent-Reduktionsziel festlegen."
Erneuerbare Energien
Die EU-Kommission schlägt vor, dass bindend bis 2020 20 Prozent der Primärenergie aus Erneuerbaren
Energien kommen sollen. Das sind fünf Prozent weniger, als die deutschen Umweltverbände fordern und für möglich halten. Auch
ist enttäuschend, dass die Kommission Sektorziele für Erneuerbare Energien im Strom- sowie im Wärmebereich nicht vorgelegt
hat, sondern Aktionspläne den Mitgliedsstaaten überlässt. Zudem fehlen dringend notwendige Vorschläge für eine
Kraft-Wärme-Kopplungs-Richtlinie sowie eine Richtlinie zu Wärme und Kühlung aus Erneuerbaren Energien. Für letzteres hatte
das EU-Parlament bereits einen konkreten Entwurf vorgelegt, der aber wieder in der Schublade der Kommission verschwunden ist,
obwohl der Energiekommissar Andris Piebalgs einen Vorschlag angekündigt hatte.
Energiesicherheit und fossile Energien
Die Kommission sendet zwar ein richtiges Signal für den Neubau von LNG-Terminals. Damit kann eine
Strategie, die auf Gas als Übergangstechnologie setzt, so durchgeführt werden, dass sie nicht mit dem Ziel der
Versorgungssicherheit in Konflikt gerät. Die Kommission schlägt auch vor, dass ab 2020 alle neuen fossilen Kraftwerke CO2
abscheiden und geologisch lagern sollen. Alte Kraftwerke sollen dann möglichst nachgerüstet werden. Noch ist allerdings nicht
klar, ob diese Technologie die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen kann. "Es liegt nun an den EU-Staaten, und vor allem
an der deutschen Präsidentschaft, ob die EU noch die notwendigen Ziele und Maßnahmen ergreift. Am 8. und 9. März werden die
Regierungschefs beim Treffen des Europäischen Rats in Brüssel das letzte Wort haben. Die Physikerin und frühere
Umweltministerin Angela Merkel weiß, um was es geht. Wir werden sehen, ob sie dementsprechend handelt", kommentiert
Bals.
Quelle im Internet und weitere Informationen unter: www.germanwatch.org
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