Russland muss bei G 8-Gipfel in St. Petersburg Menschenrechte achten
Berlin, 13. Juli 2006 - Mit großer Besorgnis hat amnesty international (ai) Nachrichten registriert,
nach denen in den vergangenen Tagen mehrere Menschen in St. Petersburg unter fadenscheinigem Vorwand festgenommen wurden. Dies
betrifft Demonstranten gegen Atommüllimporte nach Russland sowie zwei deutsche Studenten, die zum bevorstehenden G 8-Gipfel
nach St. Petersburg gereist waren. Letztere wurden wegen einer Ordnungswidrigkeit zu zehn Tagen Haft verurteilt.
"Seit langem mahnen wir rechtsstaatliche Defizite in Russland an. Die Ereignisse der letzten Tage verstärken unsere
Befürchtungen, dass die russischen Behörden friedliche Protestkundgebungen anlässlich des G8-Gipfels am kommenden Wochenende
unterdrücken und dabei grundlegende Menschenrechte verletzen werden", sagte Peter Franck, Russland-Experte der deutschen
ai-Sektion.
ai fordert die zuständigen russischen Behörden auf, die Vorwürfe gegen die Festgenommenen schnell und unparteiisch
untersuchen zu lassen. "Sollten sich diese als nicht substanziell erweisen, sind diejenigen, die sich in Haft befinden,
unverzüglich freizulassen," sagte Franck. "Die Behörden können so auch beweisen, dass die jüngsten Äußerungen
Putins zur Zivilgesellschaft ernst gemeint waren." Putin hatte vor rund einer Woche bei einem Treffen von
Nichtregierungsorganisationen in Moskau aus Anlass des G 8- Gipfels gesagt, zivilgesellschaftliches Engagement sei grundlegend
für eine demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung in Russland.
Berichten zufolge wurden am 11. Juli 2006 in St. Petersburg Mitglieder der Organisationen "Ecozashita" und
"Bellona" sowie eine Journalistin im Zusammenhang mit der Verteilung von Flugblättern gegen Atommüllimporte und
-transporte festgenommen. Die beiden deutschen Studenten Henning Wallerius und Eike Korfhage wurden am 11. Juli 2006 wegen
angeblichen "Urinierens in der Öffentlichkeit" zu einer Freiheitsstrafe von zehn Tagen verurteilt; die Studenten
bestreiten die Vorwürfe. Sie waren nach St. Petersburg gereist, um die Ereignisse um den G 8 Gipfel fotografisch zu
dokumentieren.
Quelle und weitere Informationen: amnesty international - www2.amnesty.de
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Deutsches Institut für Menschenrechte begrüßt Inkrafttreten des Zusatzprotokolls zur UN-Anti-Folter-Konvention und fordert starken nationalen Präventionsmechanismus
21. Juni 2006 - Das Deutsche Institut für Menschenrechte begrüßt das Inkrafttreten des
Zusatzprotokolls zur UN-Anti-Folter-Konvention. "Das Zusatzprotokoll bildet einen Meilenstein im internationalen Bemühen
um die effektive Überwindung von Folter und grausamer und unmenschlicher Behandlung und Bestrafung", erklärte Heiner
Bielefeldt, Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Am 22. Juni 2006 tritt das Zusatzprotokoll zur
UN-Anti-Folter-Konvention in Kraft.
Bielefeldt betonte den präventiven Charakter des Instruments, der neu und wegweisend sei. Durch unabhängige Kontrollgremien
sollten Folter und unmenschliche Behandlung verhindert werden. Bielefeldt bedauerte, dass Deutschland nicht zu den ersten
zwanzig Vertragsstaaten zähle, und forderte die Bundesregierung auf, die bereits beschlossene Zeichnung und Ratifikation zügig
zu vollziehen.
Der Menschenrechtsexperte äußerte Kritik am derzeit in Deutschland diskutierten Modell eines nationalen Kontrollmechanismus
mit vier ehrenamtlich arbeitenden Kommissaren. Ein solches Gremium könne den Anforderungen des Zusatzprotokolls hinsichtlich
Wirksamkeit und pluraler Zusammensetzung nicht genügen. Aufgrund der Größe Deutschlands und der Vielzahl der zu
kontrollierenden Orte (etwa Gefängnisse, Polizeistationen, psychiatrische Kliniken, Abschiebehafteinrichtungen und Pflegeheime)
sei das derzeit vorgesehene Modell nicht ausreichend, so Bielefeldt. "Es bestehen reale Schutzlücken in Deutschland. Daher
bedarf es eines nicht nur symbolischen Gremiums", erklärte Bielefeldt. Zudem würde das neue Instrument international
erheblich geschwächt werden, wenn Deutschland und andere europäische Staaten den Standard zu niedrig setzten.
Das Zusatzprotokoll zur UN-Anti-Folter-Konvention sieht die Einrichtung nationaler Besuchsmechanismen vor, die ihrerseits einem
internationalen Kontrollgremium unterstehen. Dadurch soll eine wirksame Kontrolle solcher Einrichtungen ermöglicht werden, in
denen Menschen ihre Freiheit aufgrund behördlicher und gerichtlicher Entscheidung entzogen ist. Dieser präventive Ansatz soll
den Schutz vor Folter weltweit verbessern. Die UN-Generalversammlung hat das Zusatzprotokoll am 18. Dezember 2002 angenommen.
Mit der 20. Ratifikation tritt es am 22. Juni 2006, wenige Tage vor dem Internationalen Tag zur Bekämpfung der Folter (26.
Juni), in Kraft.
Weitere Informationen unter: www.institut-fuer-menschenrechte.de
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Defizite, was das Wort Souveränität oder das Wort Konvention? Einige Antworten auf häufig gestellte Fragen finden Sie unter
dem Stichpunkt Glossar und einige weiterführende Erläuterungen unter Brennpunkte I und II.
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