ROBIN WOOD wirft brasilianischem Justizminister Untätigkeit vor
Berlin, 12.12.2006 - Das Verhalten der brasilianischen Regierung im Landrechtsstreit zwischen der
Zellstoff-Industrie und Indianern in Brasilien stößt auf internationale Kritik. In Brasilien, Norwegen, den Niederlanden, den
USA und auch in Deutschland demonstrieren heute Umwelt- und Menschenrechtsgruppen. Sie fordern, dass die Tupinikim und die
Guarani im brasilianischen Bundesstaat Espirito Santo 11.009 Hektar Land zurück erhalten, das sich der internationale
Zellstoff-Konzern Aracruz widerrechtlich angeeignet hat. In Berlin besuchten mehrere ROBIN WOOD-AktivistInnen die brasilianische
Botschaft. Dort überreichten sie eine Petition. Darin wird der brasilianische Justizminister aufgefordert, die Rückgabe des
Indianer-Landes nicht weiter zu verzögern.
Der brasilianische Justizminister Márcio Thomaz Bastos hat seit dem 12. September diesen Jahres die Empfehlung seiner für
Indianer-Angelegenheiten zuständigen Fachbehörde FUNAI auf dem Tisch liegen, das Land sofort an die Tupinikim und Guarani zu
übergeben. Nach geltender Rechtslage hätte Bastos die Rückgabe des Landes innerhalb von 30 Tagen, also spätestens am 12.
Oktober diesen Jahres, mit seiner Unterschrift besiegeln müssen. Doch bislang glänzt er durch Untätigkeit.
Für die Tupinikim und Guarani ist die Rückgabe des Landes die Voraussetzung für den Fortbestand ihrer Kultur. Nach
Jahrhunderte langer Verfolgung haben Brasiliens Ureinwohner seit 1978 endlich das Recht auf das von ihnen traditionell bewohnte
Land. Der Fall Aracruz aber zeigt, wie schwierig es ist, dieses Recht auch durchzusetzen - obwohl der Sachverhalt eigentlich
längst geklärt ist. FUNAI hat wiederholt festgestellt, dass die 11.009 Hektar eindeutig Indianerland sind und daher sofort
zurück gegeben werden müssen. Doch Aracruz arbeitet mit juristischen Tricks und gut bezahlten Anwälten darauf hin, die
Rückgabe des Landes auf Jahre zu verzögern.
"Wir fordern die Regierung Lula auf, jetzt nicht vor der Lobby von Aracruz einzuknicken, sondern diesen Landrechtskonflikt
schnell zugunsten der Tupinikim und Guarani zu lösen", sagt ROBIN WOOD-Tropenwaldreferent Peter Gerhardt.
Aracruz, der weltweit größte Produzent von gebleichtem Eukalyptus-Zellstoff, hat bereits 247.000 Hektar
Eukalyptus-Monokulturen angepflanzt. Hauptabnehmer des Zellstoffs sind die multi-nationalen US-Konzerne Procter&Gamble
(Tempo-Taschentücher) und Kimberly Clark. ROBIN WOOD hat Procter&Gamble (P&G) durch Protestaktionen vor dem Tempo-Werk
im rheinländischen Neuss sowie in Verhandlungen schon mehrfach aufgefordert, sich sofort von dem Rohstofflieferanten Aracruz zu
trennen. Bislang geben sich die P&G-Manager jedoch unbeeindruckt und versuchen den Skandal auszusitzen.
Das Vorgehen des Konzerns Aracruz und seiner Abnehmer aber stößt international auf Kritik. In Norwegen (Future in Our Hands),
den USA (Rainforest Foundation US) und Holland (Steungroup CIMI / Solidaridad) besuchten heute ebenfalls AktivistInnen die
diplomatischen Vertretungen Brasiliens. Auch die Tupinikim und Guarani in Brasilien haben für heute erneut Proteste
angekündigt.
Quelle im Internet und weitere Informationen unter: www.robinwood.de
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Antworten auf häufig gestellte Fragen finden Sie unter dem Stichpunkt Glossar und einige weiterführende Erläuterungen unter Brennpunkte I und II. An der Erweiterung dieser
Stichpunkte und Rubriken arbeiten wir.
Hinweis: In Brasilien leben rund 370.000 Indianer, von denen mit 60.000 und
65.000 Angehörigen die Guarani die größte Gruppe der indianischen Ureinwohner bilden. Die soziale Lage der Guarani hat sich
seit 1990 durch die Intensivierung der Landwirtschaft und damit einhergehender Zerstörung des Lebensraums der Indianer,
zunehmend verschlechtert. Die Rechte der indigen Völker wurden 1988 in der Verfassung verankert, doch im politischen Umgang
seitens der verantwortlichen Kreise hat sich seither kaum etwas geändert, da hier wirtschaftliche Interessen mehr
berücksichtig werden, als die Interessen der Ureinwohner.
War es einst der Anbau von Matetee, der den Lebensraum der Indianer zerstörte, so folgte danach die Holzindustrie und die
Viehwirtschaft. In den letzten Jahrzehnten trägt der Anbau von Soja und Zuckerrohr zur Vernichtung des Lebensraumes bei. So
sollen allein in der Region Mato Grosso do Sul in den nächsten Jahren 30 Fabriken zur Verarbeitung von Zuckerrohr errichtet
werden und rund 700.000 Hektar Sojafelder im eigentlichen Indianerland der Guarani angelegt werden. Der Staat sieht diesem
Treiben tatenlos zu und die Guarani, die eigentlich von der nationalen Indianerbehörde FUNAI vertreten werden sollen, sehen
sich von dieser Behörde vernachlässigt, da diese Institution zu wenig handelt.
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