Mars Express macht interessante Entdeckung unter der Mars-Oberfläche
13.12.2006 - Die wissenschaftlichen Ergebnisse der bahnbrechenden Radarsonde MARSIS an Bord des
Mars-Express-Orbiters der ESA lassen einen bisher unbekannten, noch älteren, raueren Untergrund unter der Marsoberfläche
erahnen. Sie wurden vom MARSIS-Hauptexperimentator, Prof. Giovanni Picardi von der La-Sapienza-Universität in Rom, als
einzigartig bezeichnet und bieten wichtige neue Erkenntnisse über die nach wie vor geheimnisvolle geologische Geschichte des
Mars.
Die Beobachtungen von MARSIS, dem ersten Radargerät, das für Bodensondierungen zur Erforschung eines Planeten eingesetzt wird,
geben Grund zu der Annahme, dass sich unter den glatten, flachen Ebenen der nördlichen Marshalbkugel alte Einschlagkrater
befinden. Die Technik von MARSIS nutzt die Echos von Funkwellen, die die Marsoberfläche durchdringen.
MARSIS erbrachte den Beweis, dass diese verschütteten Einschlagkrater mit einem Durchmesser von 130 bis 470 km fast überall in
den Bodenschichten des nördlichen Flachlandes zu finden sind. Die Forschungsergebnisse werden in der Ausgabe der
wissenschaftlichen Zeitschrift Nature vom 14. Dezember 2006 veröffentlicht.
MARSIS "verleiht einem geradezu einen Röntgenblick ", so Thomas R. Watters vom Zentrum für Erd- und
Planetenforschung des Nationalmuseums für Luft- und Raumfahrt in Washington und Hauptverfasser der Ergebnisse. "Neben den
bisher unbekannten Einschlagbecken konnten wir zudem bestätigen, dass einige der flachen, annähernd runden topographischen
Senken in den Ebenen ebenfalls auf Einschläge zurückgehen."
Studien über die Entwicklung des Mars helfen, die frühe Erdgeschichte besser zu verstehen. Einige der Kräfte, die vor
mehreren Milliarden Jahren wirkten, sind auf der Erde schwieriger nachzuweisen, weil ihre Spuren durch Tektonik und Erosion
ausgelöscht wurden.
Dank dieser neuen Forschungsergebnisse verstehen die Planetenforscher eines der größten Rätsel der geologischen
Entwicklungsgeschichte des Mars besser. Im Gegensatz zur Erde weist der Mars beachtliche Unterschiede zwischen seiner Nord- und
seiner Südhalbkugel auf. Während fast die gesamte südliche Hemisphäre von rauen, stark zerklüfteten Bergen geprägt ist,
ist die Oberfläche der Nordhalbkugel wesentlich flacher und glatter.
Da praktisch überall auf einem Planeten Einschläge auftreten können, die Krater hinterlassen, wird die Oberfläche von
Gegenden mit weniger Einschlagkratern im Allgemeinen als jünger angesehen, da man davon ausgeht, dass geologische Vorgänge die
Einschlagsnarben verwischt haben. Die Oberfläche der Nordebenen des Mars ist jung, glatt und mit großen Mengen vulkanischem
Lava- und Schichtgestein bedeckt. Die neuen MARSIS-Daten weisen jedoch darauf hin, dass die darunter liegende Kruste sehr alt
ist.
"Die Zahl der verschütteten Einschlagkrater mit einem Durchmesser von über 200 km, die wir dank MARSIS entdeckt haben,
deutet darauf hin, dass die darunter liegende Kruste extrem alt sein muss und auf das Frühe Noachian zurückgeht, das von der
Geburt des Planeten bis zum Zeitalter von vor vier Milliarden Jahren reichte", so Jeffrey Plaut,
MARSIS-Co-Hauptexperimentator vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Kalifornien. Während des Frühen Noachians war die
Einschlagsaktivität im gesamten Sonnensystem sehr hoch.
Die Ergebnisse lassen vermuten, dass die Kruste der Nordebenen so alt ist, wie die älteste Kruste an der Bergoberfläche im
Süden des Planeten, die ebenfalls auf das Noachian zurückgeht. Die Unterschiede zwischen der Nord- und der Südhalbkugel
bildeten sich wahrscheinlich sehr früh in der Geschichte des Mars heraus.
"Diese Ergebnisse sind wirklich äußerst interessant und einzigartig", fügt Giovanni Picardi hinzu. "Mit seiner
Analyse der Oberflächen- und der Untergrundstruktur leistet MARSIS einen Beitrag zum Verständnis der Marsgeologie. Außerdem
erhalten wir durch eine detaillierte Analyse der Daten wertvolle Informationen über die Zusammensetzung der
Marsmaterie."
Hinweise zu den Forschungsergebnissen
Die Forschungsergebnisse werden in der Ausgabe der wissenschaftlichen Zeitschrift Nature vom 14.
Dezember 2006 in einem Beitrag mit dem Titel "MARSIS-Radarsonde beweist Existenz verschütteter Einschlagbecken in den
Nordebenen von Mars" von T.R. Watters (Zentrum für Erd- und Planetenforschung des Nationalmuseums für Luft- und
Raumfahrt, Washington, USA), C.J. Leuschen (Zentrum für die Fernerkundung von Eisdecken, Universität Kansas, USA), J.J. Plaut,
A. Safaenili und A.B. Ivanov (Jet Propulsion Laboratory, Kalifornien, USA), G. Picardi (Infocom Dept., La-Sapienza-Universität,
Rom, Italien), S.M. Clifford (Mond- und Planeteninstitut, Texas, USA), W.M. Farrell (NASA/GSFC, Maryland, USA), R.J. Phillips
(Abteilung für Erd- und Planetenwissenschaften, Universität Washington, Missouri, USA) und E.R. Stofan (Proxemy Research,
Maryland, USA) veröffentlicht.
MARSIS wurde im Rahmen einer Vereinbarung zwischen der italienischen Raumfahrtagentur ASI und der NASA entwickelt. Mit der
Durchführung der Entwicklung war unter der Leitung der ASI sowie unter der wissenschaftlichen Aufsicht der
La-Sapienza-Universität in Rom das Unternehmen Alenia Spazio in Zusammenarbeit mit dem Jet Propulsion Laboratory (JPL) im
kalifornischen Pasadena und der Universität von Iowa betraut. MARSIS ist das erste Instrument, das einen Einblick in die
Bodenschichten des Mars ermöglicht.
Das italienisch-amerikanische MARSIS-Team ist auch wesentlich am SHARAD-Radar beteiligt, einem von der ASI gelieferten
Instrument an Bord des Mars-Orbiters MRO der NASA, der am 12. August 2005 gestartet wurde. Die von MARSIS und SHARAD gelieferten
Daten über die Bodenschichten des Mars sollen einander ergänzen. MARSIS kann Sondierungen bis in eine Tiefe von 5 km oder mehr
vornehmen, während sich der Einsatz von SHARAD auf oberflächennahe Schichten bis 1 km Tiefe konzentriert.
Quelle im Internet: www.esa.int
...Germany
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