Neues vom Insulin-Signalweg: eine überraschende Rolle für Cytohesine
14.12.2006 - Die lebenswichtige Funktion von Insulin im Zucker-Stoffwechsel des Körpers ist seit über
80 Jahren bekannt. Wie das Hormon seine Wirkung in den Zellen entfaltet, ist aber noch längst nicht vollständig geklärt.
Dabei bekommt die Erforschung dieser Mechanismen angesichts der rasch steigenden Zahl von Menschen mit Diabetes
(Zuckerkrankheit) eine besondere Dringlichkeit. Mit tatkräftiger Unterstützung der Serviceeinheit Monoklonale Antikörper des
GSF - Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit konnten Bonner Wissenschaftler nun ein weiteres Element im Netzwerk des
Insulin-Signalweges identifizieren: Die so genannten Cytohesine könnten vielleicht in Zukunft ein neuer Ansatzpunkt für die
Behandlung von Diabetes werden.
Wenn man etwas isst und der Blutzuckerspiegel im Körper steigt, schüttet die
Bauchspeicheldrüse Insulin aus. Die Zucker-Moleküle werden daraufhin in der Leber und den Muskeln von den Zellen aufgenommen
und können in Form langer Glykogen-Ketten gespeichert werden.
Die ersten Schritte in diesem lebensnotwendigen Prozess bestehen darin, dass Insulin an den in der Zellmembran sitzenden
Insulin-Rezeptor (IR) bindet und dieser verschiedene als Insulin-Rezeptor-Substrate (IRS) bezeichnete Proteine phosphoryliert.
In der Folge wird dann über eine Kette mehrerer hintereinander geschalteter Enzyme unter anderem die Glykogensynthase
aktiviert.
Eine Forschungsgruppe um Prof. Dr. Michael Famulok von der Universität Bonn hat nun herausgefunden, dass schon der Anfang der
Signalübertragung komplizierter ist, als bislang gedacht: Weil nämlich zusätzlich noch Proteine aus der Klasse der Cytohesine
beteiligt sind. "Die Cytohesine erhöhen die Effizienz der IRS-Phosphorylierung und damit der Signalübertragung
beträchtlich", sagt Dr. Anton Schmitz, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Michael Famulok. "Und dass sie hier
überhaupt eine Rolle spielen, ist eine völlig neue Erkenntnis."
Denn bekannt ist von den Cytohesinen vor allem, dass sie Zellen helfen, aneinander zu haften - daher auch ihr Name. Diese
Fähigkeit brauchen zum Beispiel im Blut treibende Immunzellen, um sich an der Gefäßwand festzuhalten und dann ins umliegende,
erkrankte Gewebe einzuwandern. Auf molekularer Ebene helfen Cytosine bestimmten biochemischen Schaltern (GTPasen), vom inaktiven
in den aktiven Zustand zu wechseln.
Dass Cytohesine aber eben auch ins "insulin signalling" involviert sind, konnten Schmitz und seine Kollegen mit Hilfe
spezifischer Antikörper nachweisen, die Dr. Elisabeth Kremmer von der GSF-Serviceeinheit für Monoklonale Antikörper
hergestellt hat. Die Bonner Forscher nahmen dazu Leberzellen, gaben Insulin hinzu und analysierten anschließend die in den
Zellen aktivierten Proteine. Mit einem bewährten, gegen den Insulin-Rezeptor gerichteten Antikörper fischten sie den IR und
die an ihm dran hängenden Proteine heraus. Der positive Test mit dem neuen Anti-Cytohesin-3-Antikörper bewies dann: Nach Gabe
von Insulin lagern sich IR, IRS und Cytohesine zu einem festen Komplex zusammen.
Die Wirkung der Cytohesine im lebenden Organismus bewiesen dann Versuche mit Mäusen. Ihnen wurde eine Substanz (SecinH3) ins
Futter gemischt, die stark an Cytohesine bindet und deren Funktion blockiert. Die Untersuchung der Tiere ergab: Die durch
Insulin ausgelösten Veränderungen der Expression von Genen des Zucker-Stoffwechsels waren geringer als normal, und außerdem
wurde in den Leberzellen der Mäuse weniger Glykogen synthetisiert.
Mit der Entdeckung der Cytohesine als zusätzlichem Mitspieler im komplizierten Regelsystem, das das Insulin-Signal in den
Zellen weiterleitet, verbinden die Forscher die Hoffnung auf Fortschritte bei der Therapie von Diabetes Typ 2. Denn bisher gibt
es - mit Ausnahme extrem seltener Erbkrankheiten - noch keine Belege dafür, dass der Ausfall eines der schon bekannten Elemente
der Signalkette für die charakteristische Insulin-Unempfindlichkeit der Körperzellen bei Typ 2-Diabetikern verantwortlich ist.
Und auch Kremmer ist zufrieden: "Ich freue mich, dass unsere hochwertigen Antikörper wieder einmal anderen
Wissenschaftlern geholfen haben, erfolgreiche Spitzenforschung zu betreiben."
Quelle im Internet und weitere Informationen: www.gsf.de
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