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Kirgisien - Reste einer alten Kultur in einem See entdeckt


Der See Issyk-Kul

Auf den Spuren einer alten Zivilisation

Wie die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti in einem Artikel mitteilt, wurden bei archäologischen Unterwasser-Arbeiten auf dem Boden des Gebirgssees Issyk-Kul in Kirgisien Reste einer alten Kultur entdeckt.

Bild zum ArtikelMOSKAU, 09. Dezember 2006 (Tatjana Sinizyna, RIA Novosti). Eine der archäologischen Sensationen des ausklingenden Jahres ist die Entdeckung einer bisher unbekannten, 2500 Jahre alten Zivilisation auf dem Boden des Hochgebirgs-Sees Issyk-Kul (Kirgisien). Dies wurde dank den beharrlichen Sucharbeiten möglich, die die internationale archäologische Expeditionsgruppe der Kirgisisch-Russischen slawischen Universität unter Leitung von Wladimir Ploskich, Vize-Präsident der Akademie der Wissenschaften Kirgisiens, geführt hatte. "Unser Erfolg wäre ohne Beteiligung von Tieftauchern der Russischen Konföderation für Unterwassertätigkeit undenkbar", sagte er nach Abschluss der Expedition. Wie der Wissenschaftler betonte, seien die diesjährigen Ergebnisse von besonderer Art. Sie berechtigten zu der Behauptung, dass an den Ufern des Issyk-Kul keine Nomaden gelebt, sondern eine hochentwickelte sesshafte Zivilisation existiert habe.

"Wir haben in Tiefen von fünf bis zehn Metern vor dem nördlichen Seeufer gearbeitet und gewaltige, etwa einen halben Kilometer lange Mauern unter Wasser entdeckt. Das ist das Merkmal einer Großstadt, deren Fläche mehrere Quadratkilometer gemessen haben könnte - eine in der damaligen Zeit enorme Dimension", berichtete der Leiter der Unterwasser-Expedition, Nikolai Lukaschow, Mitglied des Wissenschaftlichen Komitees der Konföderation für Unterwassertätigkeit Russlands. "Die Mauern sind aus Stein gebaut und mit einer jahrhundertealten Schicht aus Kalkstein bedeckt. Es ist noch nicht gelungen, die gesamte Stadt zu konturieren, sie ist nur ungenau auf der Karte verzeichnet, weil ein Teil der Mauern abgebröckelt und mit Sand zugeschüttet ist."

Die Forscher haben die Karten und Schemen der versunkenen Siedlungen sowie einzelner Gebäude und Ansammlungen von Gegenständen von hohem historischem Wert präzisiert. Laut Nikolai Lukaschow haben die Tieftaucher auf dem Seeboden von Wellen unterspülte Grabhügel entdeckt, wie sie für skythische Begräbnisse üblich waren. Es wurden auch unversehrte Gegenstände aus der sakischen (skythischen) Zeit, darunter auch bronzene Kleinäxte und Pfeilspitzen sowie sich selbst anschärfende Akinaki-Dolche, gefunden. "Wir hatten das Glück, eine Werkstatt zur Erzbearbeitung, Rückstände einer Bronzeproduktion, verschiedene Gussstücke, einen ganzen Haufen von Reiben für Erz und einen runden abgestumpften 70 Gramm schweren Bolzen aus Gold zu entdecken", sagte Lukaschow. Dieser goldene Gegenstand soll der Form nach den ersten altrussischen "Rubeln" ähneln, die einst als Geld dienten.

Nikolai Lukaschow berichtete darüber, dass die Tieftaucher auf dem Seeboden im Ufergebiet unweit vom Kurort Tscholpon-Ata merkwürdige Graskreise mit Durchmessern von 15 bis 20 Metern entdeckt haben. Es kann noch nicht eindeutig gesagt werden, worum es sich dabei handelt. Wie die Geschichtsforscherin Swetlana Lukaschowa, Mitarbeiterin der Russischen Akademie der Wissenschaften, vermutet, könnte eine solche runde "Wiese" auf organischen Rückständen tierischer Herkunft gewachsen sein. Möglicherweise hatte sich eine Karawanserei mit Pferdestall an dieser Stelle befunden.

Der Bracksee Issyk-Kul liegt in einer Höhe von 1608 Meter im Tian-Schan-Gebirge. In der Mitte ist der See bis zu 700 Meter tief. In der Geschichte des Issyk-Kul war der Wasserstand oft gestiegen und wieder gesunken, was durch verschiedene natürliche Faktoren bedingt war. Einzelne Uferteile waren oft tektonischen Senkungen ausgesetzt und rissen dann Menschensiedlungen mit sich ins Wasser fort.

Der Issyk-Kul ist für sein klares Wasser berühmt. Der See galt seit jeher als heilig, aber die Ortsansässigen, erschreckt durch Legenden über ein in der Tiefe lebendes Monster, badeten nie darin. Das Monster soll diejenigen ins Wasser gezogen haben, die es gewagt hatten, sich in den See zu begeben. Mit diesem Volksglauben erklärt sich wohl in einem bedeutenden Maße auch die Tatsache, dass es dort seit Jahrhunderten keine Jäger nach Unterwasserschätzen gegeben hat.

Russische Wissenschaftler begannen im 19. Jahrhundert als erste die Ufergebiete und den See Issyk-Kul zu erforschen. Einer von ihnen, der berühmte Nikolai Prschewalski, wurde entsprechend seinem Testament am Seeufer beigesetzt. Die Geschichtsforscher und Archäologen interessierten sich vorwiegend für den legendären Palast des Großen Timur, der laut Chroniken am Ufer des Issyk-Kul gelegen haben soll und als rätselhaft verschwunden gilt.

Gesucht wurde auch nach einem einst versunkenen Kloster einer armenischen Bruderschaft. Es wurden sogar viele Steinkreuze entdeckt (sie sind gegenwärtig in der Ermitage /in Sankt Petersburg/ zu sehen). Wie Swetlana Lukaschowa erläuterte, war auf diesem zentralasiatischen Territorium im Altertum alle zwei Jahrhunderte eine neue ethnische Gruppe aufgetaucht. In der frühchristlichen Zeit hielt sich eine wandernde Gruppe von Armeniern hier auf. Dies kam zum Vorschein, als im Vorort von Bischkek ein alter Friedhof freigelegt wurde. An einem der alten Gräber war eine Inschrift in armenischer Sprache zu sehen, in der ein Presbyter erwähnt war. Dies ist ein Beweis dafür, dass es dort Geistliche und einen Bischof gegeben hat.

Das einstige Bestehen eines armenischen Klosters bestätigt der Katalanische geographische Katalog, der im Jahre 1380 herausgegeben worden war. Darin ist eine Karte der Welt, darunter auch von Asien, enthalten. Erstaunlicherweise ist darauf der See Issyk-Kul ganz korrekt - in ausgedehnter Form und in der richtigen Ortslage - dargestellt. Ganz nahe am See ist ein Kloster schematisch abgebildet. In katalanischer Sprache heißt dieser Ort "Issikul". An den Seeufern soll sich ein Kloster der armenischen Brüder befinden, wo Reliquien des Heiligen Matthäus, eines Apostels und Evangelisten, aufbewahrt worden seien. Woher die Spanier diese Kenntnisse hatten, ist unklar.

Laut Überlieferung wurde der Evangelist Matthäus, der in Äthyopien verschieden war, in einen silbernen Sarg gelegt. "Nach ?frommer Tradition' könnten die Reliquien des Heiligen in mehrere Teile aufgeteilt worden und in verschiedene Gebiete der Welt, darunter auch ins armenische Kloster am Issyk-Kul, gelangt sein. Durchaus möglich ist auch, dass der ganze Sarg mit den Reliquien von Matthäus in diesem Kloster verwahrt wurde", meinte Swetlana Lukaschowa. "Dies kann aber erst bewiesen werden, wenn der Sarg gefunden wird. Die Unterwasser-Forschungen lassen darauf hoffen."

Die archäologischen Materialien, die die russisch-kirgisische Expeditionsgruppe in dieser Saison gefunden hat, werden jetzt sorgfältig untersucht. "Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass es in der von uns entdeckten uralten Stadt sehr reiche Häuser gegeben hatte. Davon zeugen Scherben von wertvollem Geschirr und von Kacheln. Wer weiß? Möglicherweise befindet sich der Palast von Timur unter diesen Bauten", sagte Nikolai Lukaschow.

Quelle im Internet: RIA Novosti - de.rian.ru / Foto: © RIA Novosti


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