Wissenschaftler deaktivieren gezielt Virus-DNA in menschlichen Genen
Albert Jeltsch, Professor für Biochemie an der IUB, und seinen Mitarbeitern gelang es erstmals,
zusammen mit Forschern des Institutes für
Biochemie der Universität Giessen und des Medical Research Council der Cambridge University, gezielt Erbgut von
Herpesviren in menschlichen Zelllinien zu deaktivieren. Hierzu verwendeten sie durch genetisches Design künstlich erzeugte
Proteine, die Methylgruppen als Markermoleküle an Kontrollbereiche des DNA-Molküls anheften und so verhindern, dass die
Erbinformation dieses Abschnitts aktiv werden kann. Die Studie ist in der aktuellen Ausgabe von Nucleic Acids Research (2006:
doi:10.1093/nar/gkl1035) veröffentlicht.
06. Dezember 2006 - Das menschliche Erbgut enthält 20000-30000 Gene als Informationseinheiten. Diese werden im Verlauf der
Entwicklung eines Menschen durch einen als "Genregulation" bezeichneten Prozess gezielt aktiviert und deaktiviert.
Eine zentrale Rolle kommt hierbei speziellen Proteinen, den DNA-Methyltransferasen, zu. Sie können Sequenzen von Genen im
Erbgut erkennen und durch so genannte DNA-Methylierung, die Anlagerung von Methylgruppen als Markermolekülen an
Schlüsselpositionen, das Ablesen der nachfolgenden Gensequenz und somit ihre Aktivierung verhindern. Methoden zum gezielten Ausschalten bestimmter
Gene sind für die Entwicklung neuer Therapiemethoden von großem Interesse, weil viele Krankheiten, wie etwa Krebs, auf der
Aktivierung bestimmter "Krankheits-Gene" und Virusinfektionen auf der Aktivierung körperfremder Gene beruhen.
Genschalter nach Baukastenprinzip: Die künstlich aus einem katalytisch wirksamen Mausprotein (grün) und einem
artifiziellen DNA-Bindungsprotein (blau) fusionierte Methyltransferase erkennt hochspezifisch Kontrollbereiche von
DNA-Molekülen (rot) und unterdrückt die Aktivierung von Genen in diesem Bereich. Bildquelle: www.iu-bremen.de
Der Forschergruppe um Albert Jeltsch ist es jetzt gelungen, durch genetisches Engineering aus katalytisch wirksamen
Proteinbestandteilen DNA-Methyltransferasen und verschiedenen, die DNA zielgerichtet bindenden Proteinen künstliche
Fusionsproteine zu erzeugen. Die Bausteine dieser Fuisonsproteine stammten aus Maus, Hefe oder sie wurden künstlich generiert.
Die Fusionsproteine können hochspezifisch Ziel-DNA-Bereiche erkennen, sich dort anlagern und durch DNA-Methylierung deren
Aktivierung unterdrücken. Diese nach dem Baukastensystem auf unterschiedliche DNA-Zielregionen programmierbaren
Methyltransferasen konnten erstmals von den Wissenschaftlern erfolgreich eingesetzt werden. So konnte mit Hilfe eines
modifizierten Methyltransferasetyps eine Infektion mit dem Herpes-Virus HSV-1 in einer Kultur menschlicher Zellen unterdrückt
werden. Um die Vermehrung des Virus zu verhindern, die im menschlichen Körper eine Erkrankung hervorrufen würde, mussten die
künstlichen Methyltransferasen in der Lage sein, nicht nur die Aktivierungsregion des viralen Gens zu erkennen, sondern auch
erfolgreich zu methylieren und somit auszuschalten.
Die Biochemiker um Jeltsch überprüften ihre Ergebnisse, indem sie systematisch die Sequenz der Proteinbestandteile und den
DNA-Zielbereich durch Austausch einzelner Bausteine des Proteins veränderten und so die Bedeutung einzelner Komponenten für
die Funktionalität des Systems nachwiesen.
Albert Jeltsch zu der Studie: "Die meisten krankhaften Veränderungen im Körper könnten durch eine Hemmung einzelner
kritischer Krankheitsgene bekämpft werden. Eine effiziente und risikofreie externe Kontrolle der Aktivität von einzelnen Genen
in Körperzellen ist deshalb eine Vision, die unseren Umgang mit vielen Krankheiten grundlegend verändern würde." Die
gewonnen Daten zeigten, dass die damit verbunden Probleme auf der Ebene des Protein-Designs gelöst werden können, kommentierte
der IUB-Wissenschaftler den Forschungserfolg. "Zentrale Fragen für die zukünftige Forschung werden sein, zum einen
möglichst viele Zellen im Körper für eine solche Behandlung zu erreichen, aber auch die Wirkung der künstlichen
Fusionsproteine auf die Gewebstypen zu beschränken, in denen das Ziel-Gen tatsächlich abgeschaltet werden soll. Denn oft ist
eine Hemmung eines Gens im ganzen Körper nicht wünschenswert, da es nicht in jedem Kontext an einem Krankheitsgeschehen
beteiligt ist, sondern eine wichtige Funktion für den Organismus hat", so Jeltsch.
Author: Dr. Kristin Beck
Quelle im Internet und weitere Informationen unter: www.iu-bremen.de
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