Attac kritisiert Gesundheitsreform als "schamlose Abzocke" und fordet solidarische Bürgerversicherung für alle
Frankfurt am Main 06.07.2006 - "Dieser angebliche Kompromiss ist nichts als eine schamlose Abzocke
der Kranken und Versicherten", sagte Werner Rätz, Mitglied im bundesweiten Attac-Koordinierungskeis und im
Arbeitsschwerpunkt "Genug für alle" zu den Ankündigungen der Bundesregierung für die Gesundheitsreform. "Eine
medizinische Versorgung für alle verlangt, dass deren Kosten von allen je nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit getragen
werden", erklärte Dr. Arndt Dohmen, Mitarbeiter der bundesweiten Attac-AG "Soziale Sicherungssysteme" und
Chefarzt an der Hochrheinklinik in Bad Säckingen. Eine solche solidarische Bürgerversicherung setze voraus "dass sich
niemand mehr aus der Solidarität davonstehlen kann, also die Beitragsbemessungsgrenze fällt".
Attac fordert daher die Abschaffung der privaten Krankenversicherung. Weiterhin müssten die Unternehmen die Hälfte der Kosten
des Gesundheitssystems tragen, damit ein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz für alle Menschen im Land finanzierbar sei.
Tatsächlich seien die privaten Krankenkassen Profiteure der Reform, sagte Rätz, die gesetzlichen Kassen hingegen würden
geschwächt - und mit ihnen die Menschen mit geringeren Einkommen, die auf eine gesetzliche, solidarisch finanzierte
Krankenversicherung angewiesen sind. "Während die gesetzlichen Kassen ihre Beiträge erhöhen müssen, bleiben die hohen
Einkommen der Privatversicherten außen vor", sagte Rätz. Die SPD habe sich nicht einmal mit ihrer Forderung durchsetzen
können, Neukunden von Privatkassen einen Beitrag zu dem beschlossenen Gesundheitsfonds abzuverlangen, dessen Hauptlast nach wie
vor die gesetzlich Versicherten tragen. Auch die von der SPD angekündigte verstärkte Finanzierung der gesetzlichen
Krankenversicherung durch Steuern ist weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Attac kritisiert, dass es weder gelungen ist, den Kreis der Beitragszahler für die gesetzliche Krankenversicherung zu
verbreitern, noch die Einkommen aller Versicherten in voller Höhe einzubeziehen. "Mit einer Bürgerversicherung hat das
Ganze überhaupt nichts zu tun; es handelt sich um den Einstieg in die Kopfpauschale", so Rätz. Dass die CDU sich
innerhalb der Koalition so deutlich durchsetzen konnte, sei "ein Beleg für den jämmerlichen Zustand der SPD in der
Bundesregierung".
Vor diesem Hintergrund wird Attac mögliche Proteste von Betroffenen, den sozialen Bewegungen sowie den Gewerkschaften gegen die
Gesundheitsreform tatkräftig unterstützen.
Für Rückfragen:
Werner Rätz, 0163-2423541
Dr. Arndt Dohmen, Chefarzt der Hochrheinklinik Bad Säckingen, 07761-558394
Weitere Informationen im Internet: www.attac.de
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Zuständigkeit für das Heimgesetz beim Bund belassen!
Köln (KDA) - 01.06.2006 - Im Rahmen der Förderalismus-Reform ist geplant, die Zuständigkeit für das
Heimgesetz auf die Länder zu übertragen. Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) lehnt dies entschieden ab. "Es ist zu
befürchten, dass es durch eine Verlagerung der Zuständigkeit für das Heimgesetz zu einer "Nivellierung nach
unten" kommen könnte, indem zum Beispiel die Fachkraftquote oder bauliche Standards abgesenkt werden", betont der
Vorstandsvorsitzende des KDA, Dr. Hartmut Dietrich, im Vorfeld der Expertenanhörung, die am Freitag im Bundestag stattfinden
wird. So könne es passieren, dass wieder mehr Mehrbettzimmer die Regel oder die Beratungs- und Überwachungstätigkeiten der
Heimaufsichtsbehörden reduziert würden. "Daher sehen wir in der Verlagerung der Zuständigkeit zugunsten der
Bundesländer die Gefahr einer Qualitätsminderung hinsichtlich einer Personengruppe, die gerade des besonderen Schutzes und
der besonderen Fürsorge der Gesellschaft bedarf", so der Vorstandsvorsitzende weiter.
Das im Jahre 1974 in Kraft getretene Heimgesetz wurde damals vom KDA als entscheidender Schritt begrüßt, gegenüber den bis
dahin weithin zersplitterten landesrechtlichen Zuständigkeiten für Heime grundsätzlich und bundeseinheitlich die
Möglichkeiten zum Schutz der Bewohner zu sichern und mit der Heimmindestbauverordnung einen Standard für die baulichen
Voraussetzungen zu schaffen. "Mit der leider erst viel später 1993 in Kraft getretenen Heimpersonalverordnung und der
darin enthaltenen Fachkraftquote wurde zudem den gestiegenen Anforderungen an das Personal Rechnung getragen", so
der KDA-Geschäftsführer Klaus Großjohann. "Dabei hat das KDA immer wieder für eine bundeseinheitliche hohe
Fachkraftquote votiert und es deshalb auch begrüßt, dass der Bundesrat 2004 das ursprüngliche Vorhaben der
Landesregierung Baden-Württemberg, unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus die Fachkraftquote in Heimen von 50 Prozent auf 33
Prozent zu reduzieren, abgewiesen und im November 2004 die Beibehaltung der Fachkraftquote beschlossen hat. Bei einer
Länderzuständigkeit", vermutet Großjohann, "wäre es wahrscheinlich zu einem Abbau der Fachkraftquote
gekommen."
Zur Ausgangslage bei der Beratung des Heimgesetzes gehörte damals die Einschätzung, dass dem Heimgesetz - einschließlich
seiner auf Grund von § 3 des Heimgesetzes erlassenen Verordnungen - als Schutzgesetz für die Bewohner der Charakter der
"Gefahrenabwehr" anhaftete. "Dahinter stand und steht die Auffassung, dass es sich bei den Bewohnern der
Heime grundsätzlich um einen sehr schutzbedürftigen Personenkreis handelt. Denn heute ist in einem noch viel stärkeren
Maße als früher eine Vielzahl der Bewohnerinnen und Bewohner in einer psychisch wie physisch gefährdeten und somit
"verwundbaren" Situation, betont der KDA-Vorsitzende Hartmut Dietrich. Nicht nur das Eintrittsalter in Heimen sei mit
mittlerweile weit über 80 Jahren immer höher geworden, sondern auch die ambulante und familiengestützte Pflege sei bei den
betroffenen Personen häufig nicht mehr möglich oder zumutbar, weil bei 60 bis 70 Prozent der Heimbewohnerinnen und
-bewohner eine mittelschwere oder schwere Demenz vorliege und aufgrund dessen ein großer Teil von ihnen auf den Schutz
gesetzlicher Betreuung angewiesen sei.
Noch immer ist das Heimgesetz ein Schutzgesetz. Darüber hinaus sind in das Heimrecht inzwischen auch Elemente der
Strukturqualität integriert (Heimmindestbauverordnung, Heimpersonalverordnung), die weit über eine
"Gefahrenabwehr" hinausgehen und - flankiert von und verzahnt mit Regelungen anderer Rechtsbereiche (u.a. SGB XI) -
eine der Situation der Bewohnerinnen und Bewohner angemessene Ergebnisqualität sicher stellen sollen. Das Heimrecht hat also
als Bundesgesetz ganz wesentlich dazu beigetragen, die Rahmenbedingungen für Menschen mit Hilfe-, Pflege- und
Betreuungsbedarf grundsätzlich zu verbessern. Die Länder sind schon jetzt für die Durchführung des Heimgesetzes
zuständig. "In einem "Wettbewerb um Qualität" wäre es ihnen deshalb bereits möglich, positiv von den
bundesgesetzlich normierten Mindeststandards abzuweichen", erklärt Klaus Großjohann. "So könnte vor allem die
Heimaufsicht und deren Beratungs- und Überwachungsaufgaben noch weitaus qualifizierter wahrgenommen werden, als es
derzeit der Fall ist."
Ansprechpartner:
Kuratorium Deutsche Altershilfe
Harald Raabe und Monika Reuß
Fon: 0221/ 93 18 47 - 0 oder Durchwahl 39
E-Mail:
publicrelations[@]kda.de
Internet: www.kda.de
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möchten wissen, was bedeutet das Wort Konvention oder Demoskopie und was ist eine demoskopische Erhebung? Einige Antworten auf
häufig gestellte Fragen finden Sie unter im Glossar und einige kleinere
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