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Armen werden preisgünstige Medikamente vorenthalten


Fünf Jahre Doha-Erklärung zum geistigen Eigentum

Patentrecht gegen Patientenrecht in Entwicklungsländern?

14. November 2006 - Armen Menschen in Entwicklungsländern werden weiterhin preisgünstige lebensrettende Medikamente vorenthalten, obwohl fünf Jahre vergangen sind, seitdem über 140 Regierungen eine Ministererklärung unterzeichnet haben, um Gesundheit über Profite zu stellen. In dem heute aus Anlass des fünften Jahrestags der Doha-Erklärung veröffentlichten Bericht "Patente gegen Patienten: Fünf Jahre nach der Doha-Erklärung? stellt die internationale Nichtregierungsorganisation Oxfam fest, dass die reichen Länder wenig oder gar nichts tun, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen und dass manche sogar die Umsetzung der Erklärung unterminieren.

Die Doha-Erklärung besagt, dass Entwicklungsländer das Recht haben, Sicherungsmaßnahmen für die öffentliche Gesundheit anzuwenden, die in den WTO-Regelungen zum geistigen Eigentum (TRIPS-Abkommen) vorgesehen sind. Damit soll der Zugang zu erschwinglichen generischen Versionen patentierter Medikamente gesichert werden. Laut Oxfam ist der Wettbewerb durch Generika die nachhaltigste Möglichkeit, die Medikamentenpreise niedrig zu halten.

"Die reichen Länder haben den Geist der Doha-Erklärung gebrochen?, sagt Celine Charveriat, Leiterin von Oxfams Kampagne Make Trade Fair. "Auf dem Papier enthält die Erklärung die richtigen Bestimmungen. Aber es ist politischer Wille nötig, um sie auch anzuwenden. Dies ist bisher nicht geschehen, im Gegenteil, die Politik hat eher einen Schritt zurück gemacht. Noch immer leiden und sterben Menschen unnötigerweise.?

Seit 2001 hat sich die Situation kranker Menschen in Entwicklungsländern verschlechtert:

 
Demgegenüber führt die Weltgesundheitsorganisation aus, dass noch immer 74% der AIDS-Medikamente unter Patentschutz stehen, dass 77% aller Afrikaner/innen noch immer keinen Zugang zu AIDS-Behandlung haben und dass 30% der Weltbevölkerung noch immer keinen regelmäßigen Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten haben.

Dafür gibt es viele Gründe. Einer der wichtigsten ist jedoch, dass reiche Länder, insbesondere die USA, Entwicklungsländer unter Druck setzen, strengere Bestimmungen zum geistigen Eigentum einzuführen, damit pharmazeutische Monopolstellungen erhalten bleiben. Dies schränkt den Wettbewerb durch Generika ein und hält die Medikamentenpreise hoch.

"Die globalen Gesundheitsstatistiken sind düster, aber die USA versuchen weiterhin, Freihandelsabkommen mit restriktiven Regeln zum geistigen Eigentum durchzusetzen. Die Möglichkeit, Ausnahmeregeln zur Sicherung der öffentlichen Gesundheitsversorgung anzuwenden, wird damit erheblich eingeschränkt?, sagt Charveriat. Würden diese Freihandelsabkommen umgesetzt, müsste z.B. Kolumbien bis 2020 jährlich US$ 940 Millionen mehr für gestiegene Medikamentenkosten ausgeben, was fast sechs Millionen Patienten betreffen würde. Ähnlich in Peru, wo der Medikamentenpreis in zehn Jahren um 100% und in 18 Jahren um 162% steigen könnte.

Insbesondere die Länder der Europäischen Union haben den Aktivitäten der USA stillschweigend zugestimmt, denn auch die europäische Pharmaindustrie würde profitieren. Pharmakonzerne sind sogar noch weiter gegangen, indem sie die beabsichtigten Gesundheitsmaßnahmen solcher Länder wie Indien und die Philippinen rechtlich anfechten.

Beispielsweise hat das Schweizer Pharmaunternehmen Novartis einen Rechtsstreit in Indien angestrengt, um das Patent für das Krebsmittel Glivec durchzusetzen. Patientengruppen hatten dessen Anmeldung im Jahr 2005 erfolgreich bekämpft. Dadurch konnten indische Unternehmen weiter generische Versionen produzieren, die pro Patient und Jahr US$ 2.700 kosten. Das Medikament von Novartis kostet hingegen US$ 27.000 pro Patient und Jahr.

"Die Regierungen der Entwicklungsländer haben die Verantwortung für die öffentliche Gesundheit in ihren Ländern. Wenn sie aber die dafür vorgesehenen Ausnahmeregelungen des TRIPS-Abkommens anwenden wollen, werden sie unter enormen Druck gesetzt?, sagt Charveriat.

Oxfam stellt die folgenden Forderungen auf, um die Doha-Erklärung umzusetzen:

 
"Die reichen Länder müssen ihre Verpflichtungen einhalten und aufhören, die Doha-Erklärung mit ihren egoistischen Aktionen zu untergraben?, sagt Charveriat. "Mehr denn je brauchen wir jetzt ein globales Handelssystem, das Gesundheit über Profit stellt und das Medikamente für alle erschwinglich macht.?

Quelle im Internet und weitere Informationen unter: www.oxfam.de


Kommentar: Der Titel eines Filmklassikers von 1956 lautete "Weil du arm bist, musst du früher sterben". 50 Jahre danach hat sich die Welt noch nicht viel geändert.


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