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Nachmeldung von EG-Vogelschutzgebieten in Thüringen


Hausaufgaben nur teilweise gemacht

NABU begrüßt überfällige Nachmeldung von EG-Vogelschutzgebieten und fordert Nacharbeiten

Der Naturschutzbund Thüringen (NABU) wurde vom Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt (TMLNU) aufgefordert, eine Stellungnahme zur Nachmeldung von EG-Vogelschutzgebieten zu schreiben. Die Zuarbeiten für die Stellungnahme lieferte der Verein Thüringer Ornithologen. Angeschlossen an die Auffassung des NABU haben sich AHO, Grüne Liga und BUND.

16.11.2006 - Der NABU begrüßt in seiner Stellungnahme die Anstrengungen des Freistaats Thüringen, weitere Schutzgebiete im Sinne der EG-Vogelschutzrichtlinie auszuwählen. Eine solche Auswahl und Meldung an die EU hätte nach geltender Rechtslage spätestens bis Mitte der 1990er Jahre erfolgen müssen und war deshalb zuletzt von der Brüssler Kommission unter Androhung eines Zwangsgeldverfahrens gegen Deutschland eingefordert worden. Das TMLNU hat in einer groß angelegten Beteiligungsrunde den Kommunen, Verbänden und Organisationen eine umfangreiche Vorschlagsliste neu zu meldender Gebiete vorgelegt. Nach Ansicht des NABU-Vorsitzenden Mike Jessat ist der jetzt vorgestellte Vorschlag für ein Schutzgebietsnetz jedoch mit heißer Nadel gestrickt: "Der Freistaat Thüringen war mehr als 10 Jahre in der Frage der Meldung von Vogelschutzgebieten nahezu untätig. Trotz des straffen Beteiligungsverfahren, blieb es da nicht unbemerkt, dass die hektisch zusammengestellte Gebietskulisse nicht ausreicht und einige Gebiete nicht den rechtlichen Vorgaben entsprechend abgegrenzt sind."

Die EU lässt ihren Mitgliedsstaaten nur einen begrenzten Ermessensspielraum bei der Auswahl von Vogelschutzgebieten. So muss ein einheitliches, nachvollziehbares Konzept sicherstellen, dass für die in der Richtlinie genannten Vogelarten eine bestimmte Mindestanzahl an Schutzgebieten ausgewählt wird und eine bestimmter Anteil der landesweiten Brutpaare in den Schutzgebieten vorkommt. Die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie hat dieses Fachkonzept für den Freistaat Thüringen erstellt. Die verwendete Datenbasis ist wegen eingeschränkter Vergleichbarkeit nur bedingt geeignet. Aus einigen Gegenden des Freistaats sind z.B. zu wenig Daten bekannt. Außerdem zeigte sich, dass bei Arten mit relativ begrenzten Aktionsräumen (z.B. Eisvogel), stark gefährdeten Arten (z.B. Wachtelkönig) und Arten, die nur noch mit wenigen Brutpaaren in Thüringen vertreten sind (z.B. Weißstorch), sich nur unzureichende Anteile der Vorkommen in der Schutzgebietskulisse wiederfinden.

Um den von der EU geforderten Zeitplan einhalten zu können, fordert der NABU Thüringen dennoch eine zügige Meldung unter Einschluss seiner Erweiterungs- und Ergänzungsvorschläge und ohne erhebliche Verkleinerungen der ministeriellen Gebietskulisse. Die Abgrenzung der Gebietskulisse erfolgte bisher nicht konsequent entlang von Lebensräumen. Dieses Vorgehen war bereits bei den Meldungen von Rhön und Werraaue im Jahr 2002 erkennbar. Es reicht nicht aus, wenn Brutnachweise innerhalb der Schutzgebiete liegen, Lebensräume, die jedoch für das Überleben dieser Brutpaare erforderlich sind, durch die Grenzziehung in geschützte und in nicht geschützte Bereiche geteilt werden oder gar komplett außerhalb liegen.

Mike Jessat gibt zu bedenken: "Wir sehen Probleme beim späteren Rechtsvollzug, wenn willkürlich gezogene Grenzen in der Landschaft später gar nicht ohne weiteres auffindbar sind. Wir plädieren daher nachdrücklich für eine weitgehende Übereinstimmung der Schutzgebietsgrenzen mit den Grenzen von Biotoptypen die meist gleichzeitig Grenzen von Nutzungsarten sind."

Als rechtlich bedenklich stuft der NABU außerdem die offensichtliche Berücksichtigung geplanter Vorhaben (z.B. Windkraftanlagen) bei der Abgrenzung von Gebieten der Meldekulisse ein. "Wer glaubt, hiermit eine Planungsvereinfachung oder Erhöhung der Rechtsicherheit für die Vorhabensträger zu erreichen, der irrt", mahnt Mike Jessat. Vielmehr ist zu befürchten, das Verfahren in die Länge gezogen würden, wenn sich erst in dessen Verlauf herausstellen sollte, dass wegen falscher Abgrenzung oder randlicher Beeinträchtigungen doch die Notwendigkeit einer Verträglichkeitsprüfung besteht.

Zu den Ergänzungsvorschlägen gehören unter anderem die Ilmaue bei Wickerstedt (Weißstorch), der Truppenübungsplatz bei Bad Salzungen (Heidelerche und Ziegenmelker), das Lottetal bei Kaltensundheim (Schwarzstorch, Blaukehlchen), Tagebaufolgelandschaft NSG Zechau (Kranich), Ackerlandschaft im Südwesten des Altenburger Landes (Rotmilan), Schlöbener- Ruttersdorfer- Teich- und Feuchtgebiete" (Wald- und Wasservögel) sowie das Helbetal (Rotmilan, Eulen und Spechte).

Mike Jessat erwartet im Namen des NABU von der Thüringer Landesregierung eine grundlegende Überarbeitung des Meldevorschlages nach Abschluss einer thüringenweiten Datenerhebung für die von der Richtlinie geschützten Vogelarten und schlägt vor: "Hierfür kann man die laufende Brutvogelerfassung ADEBAR des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten modifizieren und nutzen, um den Aufwand zu reduzieren und unnötigen Zeitverlust zu vermeiden." Außerdem mahnt der NABU eine Erfüllung der regelmäßigen Berichtspflicht über den Erhaltungszustand der Vogelarten in den Schutzgebieten sowie Managementplanungen zu Sicherung und Verbesserung des Erhaltungszustandes an.

Vogelschutzgebiete gehören wie die FFH-Gebiete zum europaweiten Schutzgebietssystem zur Bewahrung der natürlichen Biodiversität "Natura 2000". Der NABU wünscht sich deshalb von der Thüringer Landesregierung eine auf Erhaltung und Verbesserung ausgerichtete Förderung dieser Flächen über Agrarumweltmaßnahmen des KULAP auch in der neuen Förderperiode 2007-2013. Es gilt Konzentrationsprozesse mit einer Intensivierung von Nutzungen, in vielen Fällen aber auch einer Aufgabe von Nutzungen in den Schutzgebieten entgegen zu steuern. "Mit der Zuordnung zu NATURA 2000-Gebieten werden bereits heute die Weichen für die künftig Möglichkeit einer Inanspruchnahme von EU-Fördermitteln gestellt", erinnert Mike Jessat auch an die Vorteile einer Gebietsmeldung.

Quelle im Internet und weitere Informationen unter: thueringen.nabu.de


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