Internationales Forscherteam unter Beteiligung der TU Berlin entwickelte neuartiges Verfahren zur Abbildung von kleinsten Proben / Ziel ist die Strukturbestimmung von Molekülen, Viren oder einzelnen Zellen
Veröffentlichung in "Nature Physics"
13.11.2006 - Ein internationales Wissenschaftlerteam unter Beteiligung der TU Berlin konnte erstmals demonstrieren, wie man mit
einzelnen kurzen Pulsen weicher Röntgenstrahlung Bilder von mikroskopischen Proben im Nano-Bereich aufnimmt, bevor sie durch
Strahlenschäden explodieren. Diese als "Flash Imaging" bezeichnete Methode beschreiben die Wissenschaftler jetzt in
"Nature Physics".
Die theoretischen Grundlagen dafür
erstellte kürzlich die Arbeitsgruppe um den Bio-Physiker Janos Hajdu aus Uppsala und Stanford. Das Experiment selbst fand am
"FLASH Freie-Elektronen-Laser" des Deutschen
Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg statt. Die Untersuchungen wurden federführend von den Arbeitsgruppen um Janos Hajdu
und Henry N. Chapman vom Lawrence Livermore Laboratory (USA) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe um Thomas Möller und
Christoph Bostedt vom Institut
für Optik und Atomare Physik der TU Berlin durchgeführt.
Bildquelle: DESY, Hamburg - www.desy.de
Beugungsbild einer zerstörten Nanostruktur.
Ziel des Experiments sind vor allem Anwendungen im Bereich der Abbildung sehr feiner Strukturen, insbesondere von biologischen
Substanzen. Um ihre Funktion verstehen zu können, ist das Erkennen der Form bzw. Struktur ein wichtiger Schritt. Hier arbeitet
man an der Strukturbestimmung von Viren, von einzelnen Zellen oder von Makromolekülen. Bis jetzt ist es bei Makromolekülen
meist notwendig, dass man aus ihnen Kristalle formt. Bei sehr vielen Makromolekülen ist das derzeit mit herkömmlichen
wissenschaftlichen Methoden jedoch nicht möglich. Das "Flash-Imaging-Verfahren" birgt in sich den Vorteil, dass auch
die Struktur nicht-kristalliner oder nicht-periodischer Proben, das heißt ultimativ einzelner Moleküle ermittelt werden kann.
Die Autoren des "Nature Physics"-Artikels experimentieren bisher nicht mit Makromolekülen, sondern mit dünnen
Schichtproben. Sie beschießen sie mit extrem kurzen Lichtpulsen aus dem intensiven FLASH-Laser bei DESY. Die Intensität der
Pulse ermöglicht es den Wissenschaftlern, innerhalb einer extrem kurzen Zeitspanne Bilder der Probe anzufertigen, bevor diese
durch den Laserpuls vollständig explodieren. Ein Lichtpuls dauert zirka 25 Femto-Sekunden. Zum Vergleich: Das Licht benötigt
für die Strecke von der Erde bis zum Mond eine Sekunde. In 25 Femto-Sekunden legt es nicht einmal den Durchmesser eines Haares
zurück.
Das Grundprinzip des ?Flash-Imagings' wird erst durch große Anlagen, nämlich extrem intensive Laser für
Röntgenstrahlung möglich, die auf Teilchenbeschleunigern basieren. Die ersten erfolgreichen Experimente wurden durch einen
neuen Typ einer extrem intensiven Lichtquelle, dem "Freie-Elektronen-Laser FLASH" am DESY, möglich. Für die Zukunft
sind noch größere Röntgenlaser für höherenergetische und damit kurzwellige Strahlung geplant. Ein europäisches Projekt
verfolgt den Neubau einer rund drei Kilometer langen Anlage in Hamburg. Ein ähnliches Projekt ist in den USA im Bau. Auch am Berliner Elektronenspeicherring für
Synchrotronstrahlung (BESSY) findet sich ein Röntgenlaser in der Planung. Damit sollen modernste Strukturuntersuchungen mit
einer immer besseren Auflösung ermöglicht werden.
Bei dem Projekt konnten die Physiker der TU Berlin ihre langjährigen Erfahrungen mit Experimenten im Nano-Bereich einbringen.
"Wir untersuchen insbesondere die Prozesse, die bei den Explosionen von so genannten Clustern, die aus 100 bis 1000 Atomen
bestehen, und Nano-Kristallen ablaufen, wenn sie mit Röntgenstrahlung in Kontakt kommen. Wir waren weltweit die erste
Arbeitsgruppe, die dieses Phänomen mit kurzwelliger Strahlung untersuchte, wie sie für die Abbildung feiner Details notwendig
ist. Uns interessiert dabei die Wechselwirkungen von Licht mit Materie. Wir analysieren die Wechselwirkung mit Clustern aus
verschiedenen Materialien", erläutert Thomas Möller von der TU Berlin. Diese Cluster und Nanokristalle erweitern das
Periodensystem der Elemente in die "dritte Dimension". Mit ihren unterschiedlichen Größen und Strukturen stellen sie
so ein Bindeglied zwischen Atomen und Festkörpern dar. Ihre Eigenschaften lassen sich daher über die Größe der Teilchen
steuern.
Quelle im Internet und weitere Informationen unter: www.tu-berlin.de
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