Vier prominente Botschafter setzen sich für ein starkes EU-Chemikaliengesetz ein
01.11.2006 - Greenpeace hat im Blut der Schriftstellerin Karen Duve, der Schauspieler Peter Lohmeyer und
Ralph Herforth sowie der Greenpeace-Geschäftsführerin Brigitte Behrens gesundheitsschädliche Chemikalien nachgewiesen. Die
Blutproben wurden auf 55 Chemikalien untersucht, die aus Alltagsprodukten stammen, aber als hormonell wirksam, krebserregend
oder erbgutschädigend gelten. Im Durchschnitt haben die Testpersonen 16 dieser Chemikalien im Blut. Die Belastung durch
Chemikalien will die Europäische Union mit dem Gesetz REACH (Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien)
senken. Doch in Brüssel ist umstritten, ob der von Ärzte- Umwelt,- und Verbraucherschutzverbänden geforderte Ersatz
gefährlicher chemischer Stoffe verbindlich vorgeschrieben wird.
"Die Blutproben zeigen, dass giftige Chemikalien viel zu weit in unseren Alltag vorgedrungen sind. Menschen werden zum
Endlager für diese gefährlichen Stoffe", sagt REACH-Sprecherin Corinna Hölzel von Greenpeace. "Für viele Produkte
gibt es sichere Alternativen, doch die Industrie produziert weiterhin die Risikochemikalien."
Im Blut der Prominenten hat ein unabhängiges Labor in den Niederlanden bromierte Flammschutzmittel, Phthalate, perfluorierte
Tenside, Organochlorpestizide wie DDT, synthetische Moschusverbindungen und Dauergifte wie polychlorierte Biphenyle gefunden.
Die nachgewiesenen Chemikalien reichern sich im Körper an und finden sich sich in Blut, Gewebe, Muttermilch und sogar am
Ursprung des Lebens, in der Nabelschnur.
"Ich lebe auf dem Land, in direkter Nachbarschaft von pestizidspritzenden Bauern, einem Industriegebiet und dem
Atomkraftwerk Brunsbüttel", sagt die Schriftstellerin Karen Duve. "Weil wir nicht einfach den Regenschirm aufspannen
können, um uns vor dem giftigen Zeug zu schützen, sind Chemie-Industrie und Politik in der Verantwortung."
Der Schauspieler Peter Lohmeyer fordert mehr Transparenz: "Chemie ist überall drin: in Handys, Spielzeug, Outdoor-Jacken,
Parfums. Vielleicht hängen meine Allergien mit diesen Chemikalien zusammen. Die Industrie muss endlich alle Informationen offen
legen. Meine Kinder sollen gesund aufwachsen." Und Ralph Herforth sagt: "Es ist erschreckend, dass wir aufgrund der
finanziellen Interessen von Konzernen und Wirtschaftsverbänden nach und nach vergiftet werden. Wenn wir eines Tages in die
Kiste steigen, wollen uns wahrscheinlich nicht mal mehr die Würmer fressen, weil unsere Körper so vergiftet sind."
"Die Europäische Union darf die Chance nicht vergeben, ein wirksames Chemikaliengesetz auf den Weg zu bringen", sagt
Geschäftsführerin Brigitte Behrens. "Auch die deutsche Bundesregierung muss sich in Brüssel für den Ersatz
gefährlicher Chemikalien mit sicheren Alternativen einsetzen." Mit dieser Forderung und der Bitte um ein persönliches
Gespräch wenden sich die Botschafter für eine giftfreie Zukunft auch an Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Quelle im Internet: www.greenpeace.de/25-jahre
------- Mehr zum Thema Chemikalien im Blut 2006 -------
BUND-Studie: Mehr Gesundheitsschäden bei Kindern durch Schadstoffbelastung
Berlin, 05.10.2006 - Kinder sind pro Kilogramm Körpergewicht stärker mit Chemikalien belastet als
Erwachsene. Gleichzeitig leiden immer mehr Kinder an Erkrankungen, die in Verbindung mit der Schadstoffbelastung gebracht
werden. Das ist das Ergebnis der Studie "Gesundheitsschäden durch eine verfehlte Chemikalienpolitik - Kinder besser
schützen", die der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Kooperation mit dem "Netzwerk
Kindergesundheit und Umwelt" veröffentlicht hat. Die Studie fasst aktuelle Untersuchungen zur Belastung von Kindern mit
gefährlichen Chemikalien und den damit verbundenen Erkrankungen zusammen.
Patricia Cameron, BUND-Chemieexpertin: "Weichmacher, Flammschutzmittel und künstliche Duftstoffe - die Liste der in
Kinderkörpern vorhandenen Chemikalien liest sich wie eine Anleitung zur Blutvergiftung. Dies bleibt nicht ohne Folgen: Immer
mehr Kinder leiden unter Geburtsdefekten, Allergien, Hormonstörungen, Leukämien und Verhaltensauffälligkeiten, die mit den
Giften in Verbindung gebracht werden."
Mit so genannten Altstoffen wie DDT oder PCB seien Kinder zwar weniger belastet als ihre Elterngeneration. In Blutproben
Heranwachsender würden jedoch vor allem neu auf dem Markt befindliche Chemikalien nachgewiesen. Beispielsweise seien doppelt so
viele polybromierte Diphenylether gefunden worden wie bei Erwachsenen. Diese Flammschutzmittel können das Nervensystem
schädigen. Auch die höchste Konzentration von Bisphenol A - einer Substanz, die bereits in minimalen Mengen das Hormonsystem
beeinträchtigen kann - sei im Blut eines Kindes gefunden worden.
Frank Bartram, Vorsitzender des Deutschen Berufsverbands der Umweltmediziner: "Über die Nabelschnur und die Muttermilch
nehmen bereits die Föten und Neugeborenen jene Schadstoffe auf, die sich zuvor im Körper der Mutter angesammelt haben. Kinder
atmen, essen und trinken im Verhältnis zu ihrem Gewicht mehr als Erwachsene und stecken oft Gegenstände in den Mund. Deshalb
sind Kinder überdurchschnittlich hoch mit Chemikalien belastet. Da sich ihr Stoffwechsel, ihr Immun- und ihr Nervensystem noch
im Aufbau befinden, wirken sich die Schadstoffe besonders negativ auf die Gesundheit aus."
Derzeit gebe es 100 000 chemische Substanzen auf dem europäischen Markt, von denen lediglich vier Prozent auf ihre Folgen für
Gesundheit und Umwelt getestet worden seien. Gesundheitsschädliche Chemikalien seien unter anderem in Wickelunterlagen,
Babyfläschchen oder Kinderspielzeug nachgewiesen worden.
Gerhard Timm, Geschäftsführer des BUND: "Unsere Kinder sind die Leidtragenden einer verfehlten Chemikalienpolitik. Es
liegt in den Händen der EU-Parlamentarier, einen besseren Schutz vor gefährlichen Stoffen sicherzustellen. Sie stimmen in den
nächsten Wochen über die neue Chemikalienreform REACH ab. Diese wurde seitens großer Industrieverbände bereits so weit
abgeschwächt, dass sie in ihrer jetzigen Form die Gesundheit der Kinder nicht mehr ausreichend schützen wird. Wir fordern die
deutschen Abgeordneten auf, REACH deutlich nachzubessern. Schädliche Stoffe müssen ersetzt werden, wenn es Alternativen
gibt."
Quelle im Internet und die Studie "Gesundheitsschäden durch eine verfehlte Chemikalienpolitik - Kinder besser
schützen" unter: www.bund.net
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