Richtlinien sollen die Rechte von Migranten und Asylbewerbern schützen
Brüssel, 17. Oktober 2006 - Die Europäische Union gefährdet die Menschenrechte von Asylbewerbern,
Migranten und Flüchtlingen, wenn sie die Verantwortung für Migration auf Länder außerhalb der EU abschiebt. Human Rights
Watch veröffentlicht dazu heute einen Hintergrundbericht. Auf dem informellen Gipfeltreffen der EU am Freitag in Lahti wird
erwartet, dass die Staats- und Regierungschefs die Migrationspolitik diskutieren.
Mit der gegenwärtigen Einwanderungspolitik will die Europäische Union vermeiden, dass Asylbewerber und Migranten die Grenzen
der EU überschreiten. Die Rechte von Asylbewerbern und Migranten sind dabei jedoch nicht gesichert. Dies betrifft besonders die
benachbarten Transitländer jenseits des Mittelmeers und im Osten.
"Das Thema Migration stellt EU-Länder vor
große Herausforderungen, sowohl in den Mitgliedsstaaten selbst als auch gegenüber Ländern außerhalb der EU", so Holly
Cartner, Leiterin der Abteilung für Europa und Zentralasien von Human Rights Watch. "Dieses Problem lässt sich allerdings
nicht lösen, indem man der Verantwortung für die Rechte von Migranten und Asylbewerbern aus dem Weg geht."
Die
Entwicklung einer gemeinsamen Politik für Asyl und Migration innerhalb der EU sieht sich immer stärkerer Kritik ausgesetzt,
auch aus dem Europäischen Parlament. Der Bericht von Human Rights Watch konzentriert sich auf die weniger bekannte
"externe" Dimension der EU-Migrationspolitik, die aus einer Mischung aus Unterstützung und Druck besteht. Die
Verantwortung für Flüchtlinge, Asylbewerber und Migranten soll auf Transitländer wie Libyen oder die Ukraine sowie auf die
Herkunftsländer abgeschoben werden.
Die Europäische Union fordert Nachbarstaaten dazu auf, mehr Verantwortung im
Bereich Migration zu übernehmen. In dem Bericht wird am Fallbeispiel Ukraine erläutert, in welchen Bereichen viele
Nachbarländer bereits heute grundlegende Pflichten nicht erfüllen. Dazu zählen beispielsweise ein geeignetes Asylverfahren,
adäquate Haftbedingungen und der Schutz vor Verfolgung oder Folter in den Herkunftsländern. Wie die meisten Nachbarländer ist
auch die Ukraine sehr daran interessiert, mit der EU enger zusammenzuarbeiten. Einerseits fordert die EU deshalb von der
Ukraine, Migranten aufzunehmen, zu verhaften, und der Rückkehr einer immer größeren Anzahl von ihnen zuzustimmen;
andererseits jedoch wird in Brüssel dabei die Einhaltung der Rechte von Migranten und der Flüchtlingsschutz kaum betont. Durch
eine engere Kooperation seitens der Ukraine könnten Migranten- und Flüchtlingsrechte noch stärker missachtet werden, als dies
jetzt schon der Fall ist.
"Wenn die EU anderen Ländern mehr Verantwortung im Bereich Migration übertragen will,
muss zuerst gewährleistet werden, dass diese Länder dazu auch in der Lage sind", so Cartner. "Zudem sollte die EU
als Vorbild gelten, indem sie ihren eigenen Verpflichtungen in Bezug auf Asylbewerbern und Migranten gerecht wird."
Der am stärksten umstrittene Aspekt der Externalisierungspolitik - die Bearbeitung von Asylanträgen außerhalb der EU -
wurde anscheinend inzwischen zurückgestellt. Die Europäische Union will jedoch weiterhin sowohl die Entscheidung über
Asylanträge als auch die Migrationskontrolle außerhalb der EU regeln. Diese Vorgehensweise setzt sich derzeit aus folgenden
Komponenten zusammen:
Die Europäische Union hat zudem vorgeschlagen, außerhalb der EU liegenden Ländern
humanitäre Unterstützung und Entwicklungshilfe anzubieten, damit sie Flüchtlinge aus der jeweiligen Region aufnehmen können.
Dies soll im Rahmen des von der Europäischen Kommission entworfenen "Regional Protection Programme" erfolgen. Es
bleibt abzuwarten, ob dadurch Migranten besser geschützt werden oder ob die EU-Staaten dies lediglich als Vorwand verwenden, um
Asyl in der EU zu verweigern und die Abschiebung in so genannte "sichere" Länder zu erleichtern. Dabei wird sich
herausstellen, ob die Europäische Union ihren Verpflichtungen gegenüber Flüchtlingen und anderen schutzbedürftigen Personen
gerecht wird.
Quelle und weitere Informationen: Human Rights Watch - hrw.org
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