Über 1,5 Millionen Binnenvertriebene im Irak
13. Oktober 2006 - Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) ist zunehmend besorgt über die sich rasch
verschlechternde humanitäre Situation für Hunderttausende von entwurzelten Irakern, innerhalb und außerhalb ihres
Heimatlandes.
Die irakische Regierung, UNHCR und seine Partnerorganisationen schätzen, dass es nun mehr als 1,5 Millionen Binnenvertriebene
im Land selbst gibt. Allein 350.000 Menschen sind seit dem Bombardement von Samara im Februar dieses Jahres aus ihren Häusern
und Wohnorten geflohen. Immer mehr Iraker suchen auch Zuflucht in den Nachbarländern und im weiteren Ausland. UNHCR schätzt,
dass derzeit bis zu 1,6 Millionen Iraker außerhalb ihres Heimatlandes leben, die meisten in Jordanien (500.000) und in Syrien
(450.000). Viele von ihnen sind seit 2003 geflohen. UNHCR-Mitarbeiter berichten, dass in Syrien inzwischen mindestens 40.000
Iraker pro Monat eintreffen.
Zehntausende von Irakern haben auch Zuflucht in der Türkei, Ägypten, den Golfstaaten und in Europa gesucht. Mit 8.100
Asylanträgen im ersten Halbjahr 2006 steht der Irak an der Spitze der Herkunftsländer von Asylsuchenden in Europa. Im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist die Zahl der irakischen Asylbewerber in 36 Industriestaaten um 50 Prozent gestiegen. Im
letzten Jahr sind noch 50.000 Iraker in ihr Heimatland zurückgekehrt. In diesem Jahr waren es lediglich 1.000.
Die irakische Regierung schätzt, dass pro Monat 50.000 Iraker ihre Heimatorte verlassen. In einigen Gouvernaten hat sich die
Zahl der Binnenvertriebenen innerhalb eines Jahres verzehnfacht. Der enorme Bedarf an Hilfe für diese Menschen, die anhaltende
Gewalt und die damit verbundenen Schwierigkeiten beim Zugang zu den Betroffenen stellen ein Problem dar, dessen Bewältigung
weit über die Kapazitäten von Hilfsorganisationen hinausgeht.
Tausende von Binnenvertriebenen ohne familiäre Bindungen oder Geld leben in öffentlichen Gebäuden und Schulen, in hastig
improvisierten Notunterkünften und von der Regierung eingerichteten Lagern, die vom irakischen Roten Halbmond betreut werden.
Wer in ein anderes Gouvernat flieht, hat Schwierigkeiten, irgendeine Hilfe zu erhalten. Die Betroffenen haben oftmals keine
Papiere und eine Registrierung bei den örtlichen Behörden kann Monate dauern. Binnenvertriebene Frauen und Kinder sind
zunehmend in Gefahr, ausgebeutet und missbraucht zu werden.
Die Bereitschaft in den Nachbarländern, die irakischen Flüchtlinge aufzunehmen, hat spürbar nachgelassen. Zwar werden sie
zumeist noch toleriert, doch bei der erlaubten Dauer des Aufenthalts und den Visaverlängerungen gibt es zunehmend
Beschränkungen. Für die gestiegenen Mietpreise in den Nachbarländern werden die Iraker verantwortlich gemacht. Nahrungsmittel
sind ebenfalls teurer geworden, Gesundheitseinrichtungen und Schulen in einigen Regionen bereits überfüllt.
UNHCR appelliert an die Nachbarstaaten, den Irakern weiterhin ihre Gastfreundschaft und Schutz zu gewähren und an die anderen
Staaten, bei der Bewältigung der Belastungen zu helfen.
UNHCR hat für sein Irak-Hilfsprogramm in diesem Jahr erst 20 der eigentlich vorgesehenen 29 Millionen US-Dollar erhalten.
Quelle im Internet: www.unhcr.de
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"Asylbewerber stammen nicht vom Mond"
18.09.2006 - "Ich habe nie davon geträumt oder beschlossen, ein Flüchtling zu sein. Es ist eine
lange Geschichte. Wenn du mir zuhören willst, dann gib mir deine Hand und öffne dein Herz", schreibt Lava aus Syrien in
"Flüchtlinge erzählen".
Flüchtlinge. Wir hören über sie in den Nachrichten. Aber was wissen wir eigentlich von Menschen, die Haus und Hof verlassen
mussten, um irgendwo anders ein neues Leben aufzubauen? Die Flüchtlinge, die unter uns leben, führen oft ein Schattendasein
mit unsicherem Aufenthaltsstatus. "Einige Leute denken, dass Asylbewerber vom Mond stammen. Sie stellen Fragen wie: Weißt
du, was ein Fernseher ist? Oder: Kannst du schwimmen?", meint ein ghanaischer Flüchtling in Marie Wijks Buch.
Diese und viele andere Geschichten, Alltagsszenen und Zeichnungen von und über Flüchtlinge hat die niederländische Autorin
gesammelt. Ein buntes Sammelsurium von Menschen, die alle ein einzigartiges Schicksal haben. Jede einzelne Aussage regt zum
Nachdenken über Leute an, die vielen von uns im Alltag fremd erscheinen. Marie Wijks Erzählband hilft, diese Fremdheit zu
überwinden und Verständnis zu schaffen. So erhält der Leser ungewohnte Einblicke in Schicksale von Flüchtlingen - traurige,
fröhliche und berührende.
"Flüchtlinge erzählen ..."
Zeichnungen und Aussagen von Flüchtlingen, Jung und Alt, aus 31 Ländern. Von Marie
Wijk. 80 Seiten, gebunden. Preis: 15,70 EUR.
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