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Klimawandel und Klimaforschung


Klimaforscher auf dem Hochsitz

Von einem 300 Meter hohen Messturm aus erforschen Max-Planck-Wissenschaftler die Wechselwirkungen zwischen Klimawandel und Treibhausgasen

28. September 2006 - In der sibirischen Taiga eröffnen Wissenschaftler des Jenaer Max-Planck-Instituts für Biogeochemie heute die internationale Klimaforschungsstation ZOTTO (Zotino Tall Tower Observation Facility). Dort untersuchen sie nun gemeinsam mit Kollegen des russischen Sukachev Forstinstituts in Krasnoyarsk und des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz, wie sich die steigenden Erdtemperaturen und die Treibhausgase gegenseitig beeinflussen. Ein 300 Meter hoher Messturm ermöglicht es den Wissenschaftlern, die Treibhausgas-Konzentration sowohl lokal als auch über weiträumigen Gebieten zu bestimmen. Die sibirischen Wälder bilden eine wichtige Senke im globalen Kohlenstoffkreislauf: Insgesamt speichern sie etwa zehn Prozent des weltweiten Kohlenstoffs.

Bild zum ArtikelDie Ursache des Klimawandels ist umstritten - doch der Mensch dürfte wesentlich für die Erderwärmung verantwortlich sein. Er setzt durch Nutzung fossiler Energieträger und durch intensive Landwirtschaft große Mengen der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas frei. Doch bislang fehlen zuverlässige Untersuchungen über die langfristige Entwicklung der Treibhausgase in großflächigen Gebieten. Wie sich die steigenden Temperaturen etwa auf den globalen Kohlenstoffkreislauf auswirken und damit den Klimawandel verstärken, ist deshalb heute noch nicht abzusehen.

Genau diese Wechselwirkungen untersuchen zukünftig die Wissenschaftler aus den Max-Planck-Instituten für Biogeochemie und Chemie sowie des russischen Sukachev Forstinstituts mit der "Zotino Tall Tower Observation Facility" (ZOTTO). Die Forschungsstation liegt abgeschieden in der sibirischen Taiga nahe dem Ort Zotino - in einer Region, die der Mensch zunehmend beeinflusst, etwa durch Waldrodungen. Angrenzende Städte, deren Treibhausgas-Emissionen die Messungen verzerren könnten, gibt es dort aber nicht.

Die borealen und arktischen Landmassen Sibiriens gelten als "Hotspot" im globalen Kohlenstoffkreislauf: In den sibirischen Nadelwäldern binden etwa zehn Prozent des weltweiten Kohlenstoffs. Allerdings stiegen in den vergangenen Jahrzehnten die durchschnittlichen Sommertemperaturen großer Gebiete Sibiriens um bis zu zwei Grad Celsius - und Klimasimulationen prognostizieren eine weitere Zunahme. Meteorologen rechnen damit, dass diese Erderwärmung den sibirischen Kohlenstoffkreislauf allmählich verändert. Zotino eignet sich deshalb besonders gut, um Wechselwirkungen zwischen Treibhausgasen und Erderwärmung zu untersuchen.

Bild zum ArtikelMit dem 300 Meter hohen Messturm - dies entspricht der Höhe des Eiffelturms ohne Antenne - stoßen die Max-Planck-Wissenschaftler dabei in eine neue Sphäre der Erdatmosphäre vor: die "Mixed Layer", eine Luftschicht in etwa 200 bis 2000 Metern Höhe. "Dort können wir großräumige Änderungen von Treibhausgasen erfassen und ihren Austausch nahe der Erdoberfläche beobachten", sagt Ernst-Detlef Schulze, Direktor am Max-Planck-Institut für Biogeochemie, der den Bau von ZOTTO in den vergangenen Jahren geleitet hat.

Die Höhe des Turmes ermöglicht es den Forschern, verlässlichere Klimadaten zu erheben. Denn die relativ homogene Luftschicht der Mixed Layer blendet das Hintergrundrauschen der Bodenvegetation aus: Dort variiert die Kohlendioxid-Konzentration wegen stark ausgeprägter Tag-Nacht-Zyklen der pflanzlichen Photosynthese. Die verschiedenen Prozesse sind dann nur relativ schwer voneinander trennen. Ein weiterer Vorteil hoher Türme: Sie erlauben Messungen im vertikalen Profil über die Turmhöhe.

Mit ZOTTO können die Wissenschaftler also sowohl weiträumige als auch lokale Austauschprozesse zwischen dem Ökosystem Sibiriens und der Atmosphäre erforschen. Damit schließt die Station eine Skalierungslücke im kontinentalen Messsystem. Bislang basierten Untersuchungen allein auf lokal eng begrenzten Prozessstudien oder Fernerkundungen mit Weltraumsatelliten.

Neben meteorologischen Parametern, etwa Wind und Feuchtigkeit, misst ZOTTO vor allem die Konzentrationen und Mischungsverhältnisse der verschiedenen Treibhausgase. Mit kurzfristigen Ergebnissen rechnen die Wissenschaftler allerdings nicht. Denn das kontinentale Klima Sibiriens unterliegt starken Temperaturschwankungen. Um die langfristigen Wechselwirkungen zwischen Erderwärmung und Treibhausgasen zuverlässig darzustellen, müssen die Forscher deshalb Daten über viele Jahre hinweg erheben.

Bereits seit 1993 arbeitet der Max-Planck-Wissenschaftler Schulze in Sibirien - mit den Planungen für den Bau einer festen Forschungsstation haben er und seine Kollegen 1999 begonnen. Die abgeschiedene Lage von ZOTTO stellte die Forscher vor besondere logistische Herausforderungen. Dabei profitierten sie von der engen Zusammenarbeit mit dem Institut für Forstwissenschaften der Russischen Akademie der Wissenschaften. Die Max-Planck-Gesellschaft hat die Errichtung der Station, die der Wissenschaft in den kommenden 30 Jahren als Langzeit-Observatorium dient, mit etwa 1,7 Millionen Euro finanziert.

Quelle im Internet: Max Planck Gesellschaft - www.mpg.de

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Deutsche Klimatagung an der LMU

Klimatrends: Vergangenheit und Zukunft

München, 06.10.2006 - Der Mensch verändert seinen Lebensraum in großem Maßstab und weit in die Zukunft reichend. Nirgends wird dies deutlicher als beim Klima. Die dazu herrschende Debatte setzt die Schwerpunkte für die siebte Deutsche Klimatagung, die vom 9. bis zum 11. Oktober 2006 an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München stattfindet. Diese Veranstaltung wurde nach der Wiedervereinigung eingerichtet, um ein Zusammenkommen von Forschern aus Ost und West zu ermöglichen. Die Tagung wird im Wechsel von verschiedenen Instituten in Deutschland organisiert. In diesem Jahr sind das Meteorologische Institut der LMU, das Institut für Physik der Atmosphäre des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Observatorium des Deutschen Wetterdienstes am Hohenpeißenberg und die Münchener Rück die Träger der Veranstaltung. Verantwortlicher Koordinator ist Professor Joseph Egger von der Abteilung für Theoretische Meteorologie der LMU.

Ein Schwerpunkt der Tagung sind derzeit diskutierte Abschätzungen der künftigen Klimaentwicklung und deren Verlässlichkeit, unter anderem im Alpenraum. Dabei werden die Änderungen der Schneebedeckung, das Auftauen von Permafrosthängen und die besonders schwierigen Aussagen über Verschiebungen des Niederschlags diskutiert. Daneben werden auch Aspekte der Beobachtung und Auswertung von klimatischen Kenngrößen herausgestellt. In diesem Zusammenhang wird es auch um die Rolle und Aussagekraft der Modellierung von Klimaentwicklungen gehen - ohne numerische Simulationen ist die Debatte über Klimafragen schließlich kaum mehr denkbar. Eine ganze Reihe von Vorträgen wird sich dann mit der komplexen Rolle der chemischen Reaktionen von Spurengasen im Klimaablauf befassen, wobei die Ozonproblematik im Vordergrund steht. Es werden unter anderem die Fragen diskutiert, ob sich die atmosphärische Ozonschicht wieder erholt, und welche Änderungen beim bodennahen Ozon zu erwarten sind.

Professor Dr. Roger Pielke Jr. von der University of Colorado in Boulder, USA, wird am Montag, den 9. Oktober, den Eduard Brückner-Preis für seine herausragenden interdisziplinären Leistungen in der Klimaforschung erhalten und aus diesem Anlass zum Verhältnis von Politik und Wissenschaft sprechen. Die Auszeichnung wird vom dem Verleger der Zeitschrift "Climate Research" vergeben und ist mit 3.000 Euro dotiert. Der Preisträger wird von einem Komitee ausgewählt, dem Professor Joseph Egger und andere Wissenschaftler aus der Klimaforschung angehören. Die Tagung wird ausklingen mit einer Sitzung anlässlich des Jubiläums, das das Meteorologische Observatorium am Hohenpeißenberg dieses Jahr begeht: Seit 225 Jahren werden dort ununterbrochen Messungen von meteorologischen Kenngrößen durchgeführt. Ohne derartige Reihen wären nicht zuletzt auch Fragen nach dem Einfluss des Menschen auf das Klima nicht zu klären.

Informationen zur Tagung sowie zu allen 52 Vorträgen und 42 Postern finden Sie unter: www.meteo.physik.uni-muenchen.de/dkt

Quelle im Internet: www.uni-muenchen.de


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Weitere Themen: 07, 08, 09, 10, 11, 12, 13, 14

Sie haben eine Frage zum Thema "Klimawandel und Klimaforschung" oder Sie möchten wissen, was bedeutet das Wort Treibhausgase oder das Wort Kohlenstoffkreislauf? Einige Antworten auf häufig gestellte Fragen finden Sie unter dem Stichpunkt Glossar und einige weiterführende Erläuterungen unter Brennpunkte I und II.