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Soziale Schattenseiten - Kinder und Frauen in Indien


Indien - Kinder auf der Schattenseite des Booms

Jedes fünfte indische Kind lernt nicht lesen und schreiben

Bild zum Artikel29.09.06 - Anlässlich der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse am 3. Oktober weist UNICEF auf die anhaltend schwierige Situation vieler Kinder im diesjährigen Gastland der bedeutendsten Buchmesse der Welt hin. So profitiert nach Einschätzung von UNICEF ein Großteil der mehr als 414 Millionen Kinder in Indien kaum vom anhaltenden Wirtschaftsboom und technologischen Fortschritt. "Während Laptops und Handys das Bild des modernen Indien prägen, kämpfen Kinder in den Slums und auf dem Land mit Mangelernährung, verseuchtem Wasser und Krankheiten wie AIDS. Eine Heerschar von Kindern lebt auf der Schattenseite des Booms", so die UNICEF-Vorsitzende Heide Simonis. "Jedes fünfte Kind in Indien geht nicht zur Schule und hat keine Chance, Lesen und Schreiben zu lernen." Heide Simonis hat erst kürzlich die Metropole Mumbai (früher Bombay) und Dörfer im Bundesstaat Maharashtra besucht.

Trotz vieler Fortschritte im letzten Jahrzehnt ist nach wie vor die Hälfte aller Kleinkinder mangelernährt. Jährlich sterben mehr als zwei Millionen an Infektionen wie Masern oder Tetanus, die durch Impfungen und bessere Hygiene verhindert werden könnten. Mit 5,7 Millionen Betroffenen hat Indien Südafrika als das Land mit den meisten HIV-infizierten Menschen abgelöst. Gleichzeitig sind in vielen Bundesstaaten extreme Benachteiligung von Mädchen, frühe Heirat und Kinderarbeit an der Tagesordnung.

In Indien lebt jedes fünfte Kind der Welt. Doch trotz wachsendem Wohlstand fehlen nach Einschätzung von UNICEF vielen Mädchen und Jungen grundlegende Dinge zum Überleben und zu ihrer Entwicklung. Von 100 heute in Indien geborenen Kindern

» existieren 65 offiziell gar nicht, weil sie keine Geburtsurkunde haben,
» werden sechs bis sieben ihren ersten Geburtstag nicht erleben,
» wird nur jedes zweite gegen die gefährlichsten Kinderkrankheiten geimpft,
» werden fünf an den Folgen von Mangelernährung sterben,
» werden nur 25 die Grundschule erfolgreich abschließen.


Gefahren in den ersten Lebensjahren

Für Kinder in Indien sind Infektionskrankheiten wie Lungenentzündung, Durchfall, Masern und Tetanus bis heute die größte Gefahr. Zwar sank die Sterblichkeitsrate bei Säuglingen in den letzten 30 Jahren etwa um die Hälfte. Doch noch immer sterben mehr als 6 Prozent der Kinder im ersten Lebensjahr, weil sie nicht geimpft wurden, die Eltern gefährliche Erkrankungen zu spät erkannten oder keine medizinische Hilfe erreichbar war. 2004 waren nur 61 Prozent aller Kinder gegen Masern geschützt - eine der häufigsten Todesursachen. Ein weiterer Grund für die hohe Kindersterblichkeit ist die schlechte medizinische Versorgung der Schwangeren in den Dörfern: Alle vier Minuten stirbt eine Frau aufgrund von Komplikationen während Schwangerschaft oder Geburt.


Mangelernährung - Alltag in indischen Dörfern

Jedes dritte untergewichtige Kind der Welt lebt in Indien, Mangelernährung ist in Indien weiter verbreitet als in Afrika südlich der Sahara. Chronische Mangelernährung ist eine der Hauptursachen für Todesfälle bei Kindern und beeinträchtigt die gesamte geistige und körperliche Entwicklung von Millionen Jungen und Mädchen. Fast die Hälfte aller Kinder unter drei Jahren ist als Folge chronisch unzureichender Ernährung zu klein für das Alter, drei Viertel aller Kinder dieser Altersgruppe leiden unter Anämie.


400.000 Kinder jährlich sterben an Durchfall

Ähnlich schwerwiegende Folgen hat die schlechte Versorgung vor allem der ländlichen Haushalte mit sauberem Trinkwasser und sanitären Anlagen. Nur ein Drittel der Bevölkerung hat Zugang zu einer hygienischen Latrine oder Toilette. Gleichzeitig haben nur drei Viertel der Landbevölkerung sicheres Trinkwasser, in einzelnen Bundesstaaten sogar deutlich weniger. Die Folgen: Jedes Jahr sterben etwa 400.000 Kinder unter fünf Jahren an den Folgen von Durchfall. Millionen Kinder erkranken mehrmals im Jahr an Durchfall oder leiden an Hepatitis A, Wurmerkrankungen sowie Infektionen der Augen und der Haut.


Mädchen - Menschen "zweiter Klasse"

Zwar ist die Rate der Frauen, die lesen und schreiben können, in den letzten fünf Jahrzehnten von unter 10 auf heute 45 Prozent gestiegen. Doch weiter bleiben Millionen Mädchen von Bildung ausgeschlossen. Insgesamt gehen rund 20 Prozent aller indischen Kinder zwischen 6 und 14 Jahren nicht zur Schule. Der Grad der Benachteiligung von Mädchen schwankt selbst innerhalb einzelner Bundesstaaten. So gibt es im Staat Maharashtra Metropolen wie Mumbai, in denen 17 Prozent der Frauen Analphabeten sind, und ländliche Provinzen mit einer Analphabetenrate bei Frauen von 54 Prozent. Viele Mädchen, die die Schule abbrechen, müssen sich in das Heer der zwölf Millionen arbeitenden Kinder einreihen. Sie leisten harte Arbeit - von täglich mehr als vier Stunden Mitarbeit im Haushalt bis hin zur Ausbeutung in der Teppichindustrie oder in Steinbrüchen.

Gezielte Abtreibung weiblicher Föten trotz gesetzlicher Verbote und die Vernachlässigung der Mädchen bei Gesundheitsversorgung und Ernährung schlägt sich auch im Zahlenverhältnis zwischen Mädchen und Jungen nieder. So ist die Zahl der Mädchen pro 1.000 Jungen unter sechs Jahren auf 927 gesunken. Jahr für Jahr "fehlen" so Hunderttausende Mädchen, weil sie vor der Geburt abgetrieben wurden oder schon früh starben.


Indien - neues Epizentrum der AIDS-Epidemie

Erst nach und nach wird das Ausmaß der AIDS-Epidemie auf dem Subkontinent sichtbar. Die Kombination von extremer Armut, Prostitution und Mobilität vor allem der vielen Lkw-Fahrer, die monatelang unterwegs sind, hat bewirkt, dass Indien heute das Land mit den meisten HIV-Infizierten ist. Obwohl weniger als ein Prozent der Bevölkerung zwischen 15 und 49 Jahren betroffen ist, sind dies 5,7 Millionen Menschen. Immer mehr Kinder verlieren ihre Eltern durch AIDS, rund 130.000 sind selbst infiziert. Ausreichende medizinische und soziale Versorgung bekommt nur ein Bruchteil. AIDS ist weiter ein Tabuthema; vier von fünf jungen Frauen wissen nicht, wie sie sich schützen können.

Quelle im Internet und weitere Informationen unter: www.unicef.de


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