Der Baikalsee ist nicht nur mit einer Tiefe von rund 1.600 m der tiefste See und mit einer Oberfläche
von über 31.000 km² der größte See der Erde, er ist auch mit cirka 25 bis 30 Millionen von Jahren der älteste See der Welt.
Im südlicheren Sibirien gelegen, wurde die Region um den Baikalsee im Jahre 1996 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.
Als größtes Süßwasserreservoir der Erde besitzt der Baikalsee für Mensch, Flora und Fauna einen unschätzbaren Wert. Doch
Industrialisierung, Abholzung von Wäldern und Zehrsiedlung der Landschaft machen auch vor dem Baikalsee nicht halt. Nachfolgend
haben wir für Sie einige wissenswerte Pressemitteilungen zusammen gestellt.
------- Der Baikal und der Baikalsee 2006 -------
Pipelinebau am Ufer des Baikalsees in Sibirien führt zu weltweiten Protesten
Radolfzell, Ulan-Ude, 20. April 2006: Der Oberste Gerichtshof Russlands und die Umweltaufsichtsbehörde
der russischen Regierung haben entschieden, dass die umstrittene Ölpipeline am Baikalsee vom russischen Öl-Monopolisten
Transneft gebaut werden darf. Ursprünglich hatte die Umweltbehörde das Projekt zurückgewiesen und empfahl einen
Alternativvorschlag, in dem die Pipelinetrasse viele Kilometer vom Baikalufer entfernt verlief. Trotzdem begann das staatliche
russische Unternehmen Transneft im Sommer 2005 mit "Erkundungsarbeiten" und Holzeinschlag in unmittelbarer Nähe des
Baikalsees. Die nun überraschend genehmigte Pipelinetrasse soll nur wenige hundert Meter vom Ufer des Baikalsees entfernt
verlaufen. Schon im Juli 2006 werden die Bauarbeiten an der über 4.000 Kilometer langen und stark umstrittenen Pipeline
beginnen. Diese längste Pipeline der Welt soll jährlich 80 Millionen Tonnen Öl aus Westsibirien ins Japanische Meer
transportieren.
Am 22. April wird in Ulan-Ude, der Hauptstadt der Republik Burjatiens, eine große Demonstration gegen die Pipelinepläne
stattfinden. Die Demonstration in Irkutsk am 18. März 2006 sowie Tausende von Unterschriften und Protestbriefen an Putin haben
bisher noch zu keinem Ergebnis geführt. Der Global Nature Fund und Umweltschützer der sibirischen Partnerorganisation FIRN in
Ulan-Ude weisen auf die dramatischen Auswirkungen einer möglichen Ölpest am größten Süßwasserspeicher der Welt hin.
Aufgrund hoher seismischer Aktivitäten in Ostsibirien ist das Erdbebenrisiko in der Baikalregion sehr groß. Sollte die über
10 Milliarden Dollar teure Pipeline in Folge eines Erdbebens Leck schlagen, kann eine Umweltkatastrophe nicht verhindert werden.
Da die Öltrasse 130 Zuflüsse zum Baikalsee kreuzen wird, würde auslaufendes Öl schnell in den See gelangen und diesen auf
Jahrzehnte verseuchen.
Der Baikalsee ist mit etwa 25 Millionen Jahren der älteste und mit über 1.600 Metern der tiefste Süßwassersee unserer Erde.
In der dünn besiedelten Landschaft existiert eine Artenvielfalt, die von keinem anderen See übertroffen wird. Mehr als 1.000
Pflanzenarten und über 2.500 verschiedene Tierarten, darunter die seltene Süßwasserrobbe Nerpa, kommen hier vor. Der Baikal
ist UNESCO-Weltnaturerbe und weist die höchste Dichte an Schutzgebieten in ganz Russland auf. Die UNESCO sieht das
Pipelineprojekt ebenfalls äußerst kritisch und erwägt sogar einen Ausschluss des Baikalsees von der Liste der
Welterbestätten, sollte die Pipeline zu nahe am See gebaut werden. Es wäre das erste Mal in der Geschichte der UNESCO, dass
diese Maßnahme ergriffen würde.
Der GNF und seine russischen Partner appellieren deshalb an den russischen Präsidenten Putin einer Verlegung der Pipeline mit
einem Mindestabstand von 80 Kilometern zum Baikalsee zuzustimmen. Dem Moskauer Unternehmen Transneft wurde von der Deutschen
Zertifizierungsgesellschaft DQS GmbH bescheinigt, dass das Umweltmanagementsystem ISO 14001 erfolgreich eingeführt worden ist.
Deshalb hofft der GNF, dass ein offenes Schreiben an den Ex-Bundeskanzler Schröder mit der Bitte, auf seinen Freund Putin
positiven Einfluss zu nehmen, Erfolge zeigen könnte.
Schröder steht bei seiner Beratungstätigkeit für den russischen Erdgasmonopolisten Gazprom vor ähnlichen Problemen. Die
geplante Gas-Pipeline nach China führt durch ein UNESCO-Naturerbegebiet im Altaigebirge, in dem der seltene Schneeleopard lebt.
Für die Bewohner gilt das Altai Reservat als heilige Stätte. Zwar ist laut Gesetz der Bau von Pipelines durch
Naturschutzgebiete untersagt, doch der Schutzstatus des Gebietes im Altai könne von der russischen Regierung geändert
werden.
Wer sich am Protest beteiligen will oder Informationen sucht, kann den GNF kontaktieren oder www.globalnature.org besuchen:
Global Nature Fund, Internationale Stiftung für Umwelt und Natur
Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Deutschland
------- Mehr zum Thema Baikal und der Baikalsee 1999 -------
Eine etwas ältere Pressemitteilung zum Thema Baikalsee aus dem Jahre 1999, die jedoch nicht weniger wissens- und lesenswert ist, zumal hier die Lage noch eine etwas andere war.
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Bielefelder Gastwissenschaftler waren an der Vorbereitung beteiligt
21. Mai 1999 - Vor wenigen Tagen hat der russische Präsident Boris Jelzin ein Schutzgesetz für die
Baikalregion unterzeichnet. Der Baikalsee, im fernen Osten Russlands gelegen, ist mit 700 km Länge und bis zu 100 km Breite der
größte Binnensee der Welt. Sein noch kristallklares Wasser macht 20 % der Weltsüßwasservorräte aus. Die Baikalregion
enthält eine überaus vielfältige, zum großen Teil nur dort aufzufindende Flora und Fauna. Da mit dem Ende der Sowjetunion in
der Region die Armut eingekehrt ist, wird allenthalben versucht, die Wirtschaft wiederaufzubauen. Für den Baikal ist
vorrangiges Ziel die touristische Erschließung und die Nutzung der Naturressourcen. Gesucht wird ein Konzept der Abstimmung von
Naturschutz und Naturnutzung.
Bei der UNESCO existiert eine Liste sogenannter Biosphärenreservate aus der ganzen Welt. In diese Liste ist auch die
Baikalregion aufgenommen worden. Die UNESCO ist verständlicherweise daran interessiert, daß die entsprechenden
Schutzbestimmungen auch in der nationalen Gesetzgebung des jeweiligen Landes verankert werden. Daher mußte in Rußland ein
entsprechendes Gesetz entwickelt werden, in dem die Schutzbestimmungen festgeschrieben und Sanktionsverfahren festgelegt werden.
Zwei Rechtswissenschaftler, die sich als Mitglieder der Forschungsgruppe "Rationales Umweltrecht - Rationale
Umweltpolitik" seit einigen Monaten als Gäste am Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld
aufhalten, haben als Berater der UNESCO an der Vorbereitung des russischen Gesetzes wesentlich mitgewirkt. Es handelt sich um
Prof. Dr. Gerd Winter von der Universität Bremen und um Dr. habil. Olga Doubovik vom Moskauer Institut für Staat und Recht.
Die Entwicklung des Gesetzes war langwierig, weil es Konflikte zwischen dem russischen Parlament und seinem Präsidenten gab.
Die Duma wollte den Aspekt des Naturschutzes stärker betont wissen, Jelzin mehr die Möglichkeiten der wirtschaftlichen
Entwicklung. Da der russische Präsident bei Gesetzen ein Vetorecht hat, konnte er die Verabschiedung längere Zeit verhindern.
Daß er das Gesetz jetzt unterzeichnet hat, ist auch ein Verdienst der Bielefelder Gastwissenschaftler.
Prof. Winter hatte vorher bereits mehrere Jahre lang an einem Projekt der GTZ zur Raumordnungs- und Naturschutzplanung auf der
Stufe der Bundesländer (sog. Oblaste) am Baikal mitgewirkt. In dem Projekt erarbeiteten Planer aus Irkutsk und Hannover
Raumordnungspläne für zwei empfindliche Uferräume des Baikalsees. Ein Team mit Juristen aus Irkutsk entwickelte
Rechtsgrundlagen für die Planung. Diese Art Planung soll das allgemeinere föderale Baikalgesetz konkretisieren. Sie dient
nicht nur dem Naturschutz, sondern weist der Wirtschaft Entwicklungsmöglichkeiten zu und kann ihr Investitionssicherheit geben.
Quelle: www.uni-bielefeld.de
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weiterlesen: Der Baikalsee und
die Ölpipeline
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Weitere Themen: 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19
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das Wort Biotop (Lebensraum), was das Wort Habitat, oder was ist ein Weltnaturerbe, oder wo liegt das Altaigebirge? Einige
Antworten auf häufig gestellte Fragen finden Sie im Glossar und einige
weiterführende Erklärungen unter dem Stichpunkt Brennpunkte I und II.
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