Sander: Abwägung zwischen Naturschutz und ökonomischen Interessen sinnvoll
Hannover, 05.09.2006 - "Der Küstenschutz ist eine der zentralen Aufgabe des Niedersächsischen
Umweltministeriums. Er ist unverzichtbare Vorraussetzung, um die Menschen in den sturmflutgefährdeten Lebens- und
Wirtschaftsräumen verlässlich zu schützen", sagte Umweltminister Hans-Heinrich Sander bei der Vorstellung der
Grundsätze des Küstenschutzes in Hannover. Die heute von der Landesregierung beschlossenen neuen "Grundsätze für einen
effektiveren Küstenschutz" schreiben die 1995 beschlossenen Grundsätze fort.
"Es liegt in unserer Verantwortung, die Küsten Niedersachsens zu sichern", bekräftigte Sander. Dabei müssten
bautechnische und wirtschaftliche Notwendigkeiten beim Deichbau endlich stärker berücksichtigt werden, um die Kosten im Rahmen
zu halten. "Niedersachsen muss nachhaltig wirtschaften. Überzogene Umweltauflagen sind da fehl am Platz. Deshalb muss
abgewogen werden, wie und wo Klei für den Deichbau kostengünstig und umweltverträglich gewonnen werden kann. Auch muss
jeweils geprüft werden, wie ein Deich sinnvoll erhöht und verbreitert werden kann. Einseitige Festlegungen treiben nur die
Kosten und werden dem Problem nicht gerecht. Daher haben wir die Grundsätze fortgeschrieben", sagte der Minister.
Die neuen Grundsätze schreiben jeweils eine Abwägung vor, wo umweltverträglich Klei für den Deichbau gewonnen werden kann
und ob Deiche Binnen- oder Außendeichs verbreitert werden. Eine extensive Nutzung durch Beweidung und Mahd der Deichvorländer
bleibt oder wird möglich, wenn ökologischen Belange berücksichtigt werden. Dies geschieht, um Teek- beziehungsweise
Treibselanfall zu verringern und die Hellerfestigkeit zu erhalten.
"Seit 1995 hat sich viel geändert. Im Jahr 2000 haben Land und Umweltverbände die Grundsätze diskutiert und Vorschläge
zur Weiterentwicklung gemacht. Im vergangenen Jahr hat das Umweltministerium eine Diskussionsveranstaltung in Wilhelmshaven
veranstaltet, um das Thema mit den Menschen vor Ort zu besprechen. Nun passen wir die Grundsätze an", so der Minister.
Quelle im Internet und weitere Informationen: www.umwelt.niedersachsen.de
------------ Eine Mitteilung des Nabu zu diesem Thema -------------
NABU lehnt Änderung der Grundsätze zum Küstenschutz ab
Helm: "Es geht nicht um überzogene Umweltauflagen -gebaggerte Löcher vor den Deichen gefährden
Menschen hinter den Deichen!"
Hannover, 5. September 2006 - Die Niedersächsische Landesregierung hat heute die ?Grundsätze für einen effektiven
Küstenschutz? beschlossen. Der NABU Niedersachsen unterstreicht seine ablehnende Haltung zu den beschlossenen Grundsätzen zum
Küstenschutz.
Dazu erklärte Hans-Jörg Helm, NABU Landesvorsitzender: "Die von Küsten- und Naturschutz vereinbarten Grundsätze wurden
aufgekündigt. Es geht nicht um ?überzogene Umweltauflagen?, denn wer Löcher vor den Deichen buddelt gefährdet die Menschen
hinter den Deichen. Von einer Fortschreibung kann bei einem fehlenden Gesamtkonzept sicher nicht gesprochen werden. Ein
Hauruckverfahren verbietet sich zwingend vor dem Hintergrund der bestehenden Klimaveränderungen. Noch im September 2005 war ein
Küstenschutzkonzept unter Berücksichtigung der Klimaveränderungen vom Umweltministerium zugesagt worden. Es zeigt sich immer
stärker und ist wissenschaftlich eindeutig belegt, dass aufgrund der Klimaveränderungen ein erheblich größerer Druck zur
Sicherung unserer Küste auf uns zukommen wird. Deshalb müssen rechtzeitig vollkommen neue Wege des Küstenschutzes angedacht
werden. Es wird sicher zu einen dramatischen Anstieg des Meeresspiegels kommen, so dass die heute beschlossenen Grundsätze die
in den nächsten 30 Jahren auf uns zukommenden Probleme nicht lösen helfen."
Die Grundsätze waren einvernehmlich im Jahr 1995 zwischen Küsten- und Naturschutz entwickelt wurden und im Jahr 2000 zwischen
den Beteiligten fortgeschrieben wurden. Die vorgesehenen großflächigen Kleientnahmen im Bereich des Deichvorlandes schaffen
Vertiefungen vor dem Deich. Dies führt zu einer stärkeren Angriffswirkung der Wellen und verringert damit die Deichsicherheit
und somit den Schutz der Menschen hinter den Deichen, da unbestritten ist, dass die Nordseewellen dann höher auflaufen, so der
NABU Niedersachsen.
Quelle im Internet: niedersachsen.nabu.de
------------ Mehr zum Thema Sturmfluten und Küstenschutz -------------
Sturmfluten an der Nordsee können ab Mitte des Jahrhunderts gefährlicher werden
16. November 2005 - Wissenschaftler am Institut für Küstenforschung der GKSS-Forschungszentrums
Geesthacht GmbH haben die Vergangenheit der Stürme und Sturmfluten analysiert und jetzt mit Modellen die Zukunft berechnet. Ihr
Ergebnis: Durch den Menschen verursachte Klimaveränderungen werden zu erhöhten Sturmflutwasserständen führen. Sturmfluten
unserer Tage sind vom menschengemachten Klimawandel aber noch nicht berührt.
Treibhausgase wie zum Beispiel Kohlendioxid oder Methan üben einen Einfluss auf das globale Wettergeschehen und somit auch auf
die Entwicklung von Stürmen aus. Besonders an den Küsten können Stürme katastrophale Auswirkungen haben, da sie
zerstörerische Sturmfluten mit sich bringen.
Mithilfe von mathematischen Modellen haben die GKSS-Küstenforscher deshalb untersucht, welchen Effekt die stetig größer
werdende Menge von Treibhausgasen in der Atmosphäre auf die Sturmfluten an der Nordseeküste haben könnte. Dabei stellten sie
fest, dass zwischen 2070 und 2100 Erhöhungen der maximalen Sturmwasserstände in der Größenordnung von 20 bis 40 Zentimetern
entlang der gesamten Deutschen Nordseeküste wahrscheinlich sind.
Zusätzlich zu diesem sturmbedingten Anstieg der Wasserstände führt der globale Temperaturanstieg (aufgrund der thermischen
Ausdehnung der Wassermassen sowie des möglichen Abschmelzens der Grönländischen und Antarktischen Eiskappen) an der
Nordseeküste in Zukunft vermutlich zu einer Erhöhung des mittleren Meeresspiegels um 30 bis 40 Zentimeter. "Für den
Hamburger Pegel von St. Pauli errechneten wir so einen Anstieg der Sturmwasserstände für 2030 von etwa 20 Zentimetern und für
das Jahr 2085 von bis zu 70 Zentimetern", erklärt die Diplom-Geografin Katja Woth, die in diesen Wochen Ihre Doktorarbeit
über die zukünftigen Sturmflutgefahren fertig stellt.
Derzeitige Herbststürme lassen sich jedoch noch nicht auf Klima bedingte Veränderungen zurückführen. Die Auswertung des
historischen Sturmklimas durch die GKSS-Wissenschaftler zeigt, dass einem Anstieg der Sturmintensität zwischen etwa 1960 und
der Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts ein Abwärtstrend voran ging und auch jetzt wieder zu beobachten ist. Wenn
dennoch Sturmfluthöhen regional markante Veränderungen zeigen, so liegt dies an einer Reihe von Faktoren wie
Küstenschutzmaßnahmen, Vertiefungen von Fahrrinnen und Landsenkung, die die Fluten insbesondere in der inneren Deutschen Bucht
höher auflaufen lassen.
"Der Blick in die stürmische Vergangenheit lehrt uns zwei Dinge: Starke Stürme gab es schon immer und seit den 70er
Jahren des letzten Jahrhunderts haben uns die Küsteningenieure wirksam vor den Sturmfluten geschützt. In der ferneren Zukunft
zum Ende dieses Jahrhunderts wird der Einfluss des Menschen auf das Klima wahrscheinlich auch auf die Sturmfluten
Norddeutschlands durchschlagen.
Bis 2030 aber wird der derzeitige und jetzt geplante Küstenschutz ausreichend sein; danach muss die Situation von den
Küsteningenieuren neu bewertet werden; langfristig kann sich dabei die Notwendigkeit auch neuer Schutzstrategien ergeben",
fasst Professor Dr. Hans von Storch, Leiter des Instituts für Küstenforschung der GKSS die aktuellen Veröffentlichungen
seiner Arbeitsgruppen zusammen, die in internationalen Fachzeitschriften wie Journal of Climate, Geophysical Research Letters
oder Ocean Dynamics veröffentlicht werden.
Quelle im Internet und weitere Informationen unter: www.gkss.de
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möchten wissen, was bedeutet das Wort Metamorphose, oder was ist ein Habitat? Einige Antworten auf häufig gestellte Fragen
finden Sie unter dem Stichpunkt Glossar und einige weiterführende
Erläuterungen unter Brennpunkte I und II.
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