Länder sollen Horst Seehofers Verbraucherinformationsgesetz im Bundesrat ablehnen
Deutsche Umwelthilfe verlangt als Konsequenz aus dem bayerischen Gammelfleisch- skandal, das bereits
im Bundestag verabschiedete Verbraucherinformationsgesetz (VIG) grundlegend zu überarbeiten - Minister in Bund und Ländern
sollen Worten Taten folgen lassen und für Transparenz und einen modernen Verbraucherschutz sorgen
Berlin, 5. September 2006: Das bereits im Bundestag verabschiedete Verbraucher- informationsgesetz (VIG) ist nicht geeignet,
Gammelfleischskandale wie den in Bayern in Zukunft zu verhindern. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) in Berlin
hingewiesen. Das auf Initiative von Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) vor der Sommerpause im Hoppla-Hopp-Verfahren
verabschiedete Gesetz, das am 22. September abschließend im Bundesrat beraten werden soll, bringe praktisch keine
Verbesserungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher und werde bei vergleichbaren kriminellen Machenschaften wie jetzt in
Bayern keinesfalls für mehr Transparenz sorgen.
"Jetzt rächt sich, dass bei der Gesetzesformulierung die vermeintlichen Interessen der Wirtschaft wichtiger waren als die
der Verbraucher", sagte DUH- Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. "Es ist perfide, wenn sich der für den Stillstand
im Verbraucherschutz zuständige Minister jetzt unter Verweis auf ein unzureichendes Verbraucherschutzgesetz aus der
Verantwortung zu stehlen versucht. Seehofer hat im Frühsommer alles dafür getan, dass auch in Zukunft alles so bleibt wie
bisher."
Die DUH erinnerte daran, dass in dem Gesetz, dem jetzt der Bundesrat zustimmen soll, ein Informationsanspruch der
Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber privaten Unternehmen erneut nicht vorgesehen ist. Bürgerinnen und Bürger erhalten
weiter keine rechtliche Möglichkeit, Herstellungs- oder Lagermethoden von Lebensmitteln oder ihre Belastung mit Schadstoffen
direkt bei den Unternehmen abzufragen. Dabei wäre gerade ein solcher Anspruch Ausdruck einer modernen Verbraucherpolitik.
Wenden sich die Verbraucher an die Behörden, sieht das VIG weit reichende Ausnahmetatbestände zugunsten der Wirtschaft vor,
die sogar weit über vergleichbare Schutzregelungen in anderen bestehenden Informationsgesetzen hinausgehen. Eine aktive
Informationspflicht der Behörden, wenn sie von Lebensmittelskandalen - wie etwa dem jetzt in Bayern aufgeflogenen - Kenntnis
erhalten, gibt es ausdrücklich nicht. Auch in Zukunft müssen die Behörden nach dem VIG nicht von sich aus über
Gammelfleischskandale informieren. Nach der vom Bundesverbraucherschutzminister mit zu verantwortenden Gesetzesbegründung
"sollen" die Behörden das nicht einmal tun. Sie "können" es lediglich. Diese Möglichkeit besteht jedoch
auch schon nach geltendem Recht. Nach § 40 Abs. 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzes (LFGB) kann die zuständige
Behörde bereits heute die Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels und des
Unternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt wurde, oder in den
Verkehr gelangt ist informieren. Tatsächlich jedoch geschieht es nicht.
"Es bleibt Horst Seehofers Geheimnis, warum sich die heute praktizierte Verschwiegenheit der Behörden mit dem neuen Gesetz
ändern soll. Die Kluft zwischen Worten und Taten könnte größer kaum sein", so Resch. "Wir müssen befürchten,
dass das bestehende Kräfteungleichgewicht zwischen Verbraucherinnen und Verbrauchern auf der einen und Behörden und
Unternehmen auf der anderen Seite trotz des neuen Gammelfleischskandals gesetzlich festgeklopft wird. Es kann nach den
neuerlichen Erfahrungen mit kriminellen Methoden im Lebensmittelhandel nicht sein, dass Behörden weiter nach Gutsherrenart
entscheiden können, ob sie Offenheit praktizieren wollen oder doch lieber täuschen, tarnen und verschweigen".
Resch forderte die Länder auf, das Gesetz in der vorliegenden Form im Bundesrat abzulehnen. Er erinnerte daran, dass die vom
Stuttgarter Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) berufene Verbraucherkommission Baden-Württemberg im Frühjahr den im
Hause Seehofer erarbeiteten und von den Regierungsfraktionen verabschiedeten VIG-Entwurf in einer einstimmig beschlossenen
Stellungnahme fast gleich lautend kritisiert hatte wie die DUH. "Jetzt ist der Zeitpunkt da, wo Oettinger seiner
Fachkommission folgen muss. Ihre Befürchtungen haben sich auf traurige Weise bestätigt", sagte Resch.
"Horst Seehofer darf sich nicht länger unter Hinweis auf ein eben gerade nicht wirksames Gesetz der Verantwortung
entziehen und falsche Hoffnungen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern wecken", sagte Cornelia Ziehm, die Leiterin
Verbraucherschutz und Recht bei der DUH. Ziehm forderte insbesondere Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) auf am 22.
September im Bundesrat mit seinen Länderministerkollegen gegen das VIG von Horst Seehofer zu stimmen und eine grundlegende
Überarbeitung zu verlangen. Dazu hatte die DUH gemeinsam mit 18 weiteren Organisationen bereits vor Wochen aufgefordert.
"Die Lehre aus dem neuen Skandal ist, dass schwarze Schafe unter den Lebensmittelhändlern nicht auf Samthandschuhe
reagieren, sondern allein auf die Sorge bei Fehlverhalten ihre berufliche Existenz aufs Spiel zu setzen oder ins Gefängnis zu
wandern. Für die DUH ist völlig schleierhaft, warum auch Schnappauf unbeirrt den Eindruck erweckt, als würde das neue VIG den
nächsten Skandal verhindern".
Quelle im Internet: Deutsche Umwelthilfe e.V. - www.duh.de
---------- Weitere PM 2006 ---------
Eigentumsmodell schädlich für Fahrgäste und Umwelt
Berlin 30.08.2006 - Mit scharfer Kritik hat das Bündnis "Bahn für Alle" auf die gestrige
Sitzung des Lenkungsausschusses Verkehr der Bundesregierung reagiert. "Die Regierung will auf Teufel komm raus an der
Bahnprivatisierung festhalten, obwohl sie heillos zerstritten ist und der viel zu enge Zeitplan eine seriöse Klärung der
Folgen eines Verkaufes unmöglich macht", sagte Werner Reh, Vertreter des BUND in dem Bündnis. Ein Bahnverkauf - egal in
welcher Variante - führe zu gravierenden negativen Folgen für Kunden, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Umwelt. Das
gelte auch für das so genannte Eigentumsmodell, das die Mehrheit nun umsetzen will. "Aber die generellen Folgen einer
Privatisierung interessieren die Politiker in ihrer Modelldiskussion offenbar überhaupt nicht mehr", kritisierte Chris
Methmann, Vertreter von Attac bei "Bahn für Alle".
Dem Bündnis zufolge würde ein Verkauf auch ohne die Schieneninfrastruktur eine Verschleuderung von öffentlichem Vermögen
bedeuten. Der erhöhte Renditedruck im Fernverkehr hätte zur Folge, dass zahlreiche Städte mittlerer Größe und ländliche
Regionen vom Netz abgekoppelt würden. Insgesamt sind 5000 Kilometer Strecke unmittelbar bedroht. Zu erwarten wären zudem
Preissteigerungen und der Abbau von rund 60000 Arbeitsplätzen.
Das Eigentumsmodell, bei dem das Netz weiterhin dem Bund gehören, aber von der Bahn verwaltet werden soll, summiert dabei nach
Ansicht von "Bahn für Alle" die Nachteile der anderen Modelle: Dem erwarteten Verkauferlös von maximal sieben
Milliarden Euro steht ein Wert des "rollenden Materials", also der Transportgesellschaften, von 20 bis 25 Milliarden
Euro gegenüber. Bleibt das Netz beim Bund, muss er zusätzlich die Schulden in Höhe von 15 Milliarden Euro übernehmen, die
auf dem Netz lasten. "Damit würde der Bund beim Verkauf sogar noch draufzahlen", warnte Methmann. Das Bündnis
befürchtet auch im Fall des Eigentumsmodells Folgen wie Streckenabbau, steigende Fahrpreise, Stellenstreichungen und
ausbleibende Investitionen in Wartung und Instandhaltung. Zudem könnte die Bahn dann, weil sie faktisch das Netz kontrollieren
würde, andere Anbieter noch stärker diskriminieren. Auch könnte eine nach dem Eigentumsmodell privatisierte Bahn zu 100
Prozent verkauft werden, da der Staat das Netz formal behielte. "Damit hätte der Staat dann überhaupt keine Kontrolle
mehr über Netz und Betrieb", stellte Methman fest.
Statt einer Privatisierung fordert "Bahn für Alle" eine moderne und kundenfreundliche Bahn in öffentlicher Hand. Als
Vorbild könnten Beispiele erfolgreicher öffentlicher Bahnen wie etwa in der Schweiz dienen. "Stattdessen streiten sich
die Politiker nur, wie sie kurzfristig Geld in die Kasse bekommen", so Methmann.
Das Bündnis "Bahn für Alle" wird getragen von Attac, ROBIN WOOD, BUND, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Bahn von
unten, UMKEHR e.V. sowie den NaturFreunden Deutschlands und setzt sich gegen die Privatisierung der Deutschen Bahn AG ein.
Quelle im Internet und weitere Informationen unter: www.bund.net
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