Würzburger Wissenschaftler nahm Proben in Island
Im November 2004 brach auf Island der Vulkan Grimsvötn aus. Er war knapp fünf Tage lang tätig, die
bis zu 15 Kilometer hohe Eruptionssäule beeinträchtigte stark den Flugverkehr über dem Nordatlantik. Das Besondere an diesem
Vulkanausbruch: Er fand unter einer rund 250 Meter dicken Eisschicht statt - mitten im größten Gletscher Europas, dem
Vatnajökull.
29. August 2006 - Eine europäische Forschergruppe will diesen Ausbruch nun umfassend beschreiben. Ziel der Wissenschaftler ist
es, die Auswirkungen der Eruptionen besser zu verstehen und künftig bessere Vorhersagen machen zu können.
Mit dabei ist Professor Bernd Zimanowski vom Physikalisch-Vulkanologischen Labor der Uni Würzburg. Sein Team hat in
Zusammenarbeit mit den Vulkanologen der Universität Bari (Italien) in den vergangenen Jahren nämlich Methoden entwickelt, mit
denen sich aus Vulkanaschen die Energien einer Eruption bestimmen lassen.
Die Arbeiten werden von der isländischen Regierung finanziert. Leiter des Projekts ist der Direktor des Physik-Departments der
Universität Reykjavik, Professor Magnús Tumi Gudmundsson. Er hat in diesem Zusammenhang im Winter 2005/06 ein
Forschungsfreisemester an der Uni Würzburg verbracht. Neben den genannten Experten sind auch Forscher von der Uni Edinburgh
beteiligt.
Im August fand nun die erste gemeinsame Expedition der Arbeitsgruppe zum Vulkan Grimsvötn statt. "Nach einer 80 Kilometer
langen Anfahrt über den Gletscher wurde zehn Tage lang gemessen, beprobt und gebohrt", sagt Zimanowski. Der ursprünglich
rund 800 Meter durchmessende und 200 Meter tiefe Krater sei heute vom zusammenfließenden Eis des Gletschers zur Hälfte wieder
"verheilt". Dabei wurden die ehemals horizontal abgelagerten Asche-Schichten zerblockt und schräggestellt.
"Das ermöglicht uns phantastische Einblicke in die Ablagerungen, es stehen über 30 Kilometer Aufschlusswände zur
Verfügung", schwärmt der Würzburger Wissenschaftler. In einem Umkreis von 600 Metern um den Krater seien die
Ablagerungen bis zu sechs Meter dick. In 20 Kilometern Entfernung könnten die vulkanischen Ablagerungen unter einer mehr als
fünf Meter mächtigen Schicht aus Firn und Eis erbohrt werden.
Bei seiner Rückkehr nach Würzburg hatte Zimanowski im Gepäck mehr als 30 Kilogramm Proben. Damit wird er nun experimentieren:
Durch kontrollierte "Mini-Vulkanexplosionen" im Labor will er herausfinden, welche Energien bei dem Ausbruch von 2004
im Spiel waren. Die Daten werden dann zusammen mit den anderen Messwerten in ein Modell einfließen, von dem sich die
Wissenschaftler eine erhebliche Verbesserung ihres Wissens über solche Ausbrüche erwarten. Letzten Endes sollen die
Erkenntnisse auch dem Zivilschutz zu Gute kommen.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Bernd Zimanowski, T (0931) 31-2379, E-Mail und Internet: zimano[@]geologie.uni-wuerzburg.de |
www.geologie.uni-wuerzburg.de/...
Quelle im Internet unter: www.uni-wuerzburg.de
--- Weitere Mitteilungen zum Thema Vulkanismus und Vulkanausbrüche ----
Geophysiker der Universität Hamburg ermöglichen neue Vorhersagemethode für Vulkanausbrüche
26. November 2004 - Geophysikern der Universität Hamburg und der University of Wellington in Neuseeland
ist es gelungen, die Grundlage für eine neue Vorhersagemethode für Vulkaneruptionen zu schaffen. Wie auch die heutige Ausgabe
des Science Magazine berichtet (A. Gerst, M. K. Savage, Science 306, 1543; 2004), benutzten die Forscher hierfür seismische
Wellen von entfernten Erdbeben, die sie auf dem Vulkan Mt. Ruapehu in Neuseeland aufzeichneten und ihn somit durchleuchteten.
Hierbei hat sich gezeigt, dass sich eine wichtige Eigenschaft des Gesteins unter dem Vulkan nach einer Eruption im Jahr 1995 und
1996 drastisch verändert hat. Dies geschah in einer Weise, die es nahe legt, dass vor zukünftigen Ausbrüchen des Vulkans
weitere dieser leicht messbaren Veränderungen auftreten werden, und somit eine Vorhersage von zukünftigen Ausbrüchen
ermöglichen könnten.
Bei den Messungen der beiden Geophysiker Alexander Gerst (Universität Hamburg, Institut für Geophysik) und Martha Savage von
der Victoria Universität in Wellington, Neuseeland, hat sich herausgestellt, dass der Spannungszustand des Untergrundes - also
die Richtung des größten Druckes im Gestein - sich im Umkreis von mindestens 5 km um den Vulkan herum um beinahe 90 Grad
gedreht hat, nachdem der Vulkan ausgebrochen war. Solch eine deutliche zeitliche Veränderung von seismischen Eigenschaften der
Erde war bisher noch nirgends beobachtet worden.
Die Wissenschaftler interpretieren diese Spannungs- und Druckveränderung
als bisher unentdecktes Signal der sich zuerst auffüllenden und bei der Eruption entleerenden, spaltenförmigen Magmakammer
unter dem Vulkan. Da sich vor jedem Ausbruch des Vulkans zuerst die Magmakammer mit aus dem Erdinneren stammendem Magma
auffüllt, sind diese Veränderungen auch vor und nach zukünftigen Ausbrüchen zu erwarten.
Und tatsächlich zeigte sich bereits im Jahr 2002 - 6 Jahre nach der letzten Eruption - dass die Spannungsrichtung am Mt.
Ruapehu beginnt, sich wieder auf die Richtung von vor der Eruption zurückzudrehen. Solche Veränderungen können von
Wissenschaftlern, die auf dem Vulkan einige seismische Stationen aufgestellt haben, verfolgt und ausgewertet werden.
Überschreitet die Spannungsänderung z.B. einen gewissen Wert, so können die Wissenschaftler davon ausgehen, dass der Vulkan
zum Leben erwacht, und dass ein neuer Ausbruch bevorsteht.
"Wir konnten zeigen, dass die Technik prinzipiell sehr gute Chancen hat, zu funktionieren. Bis jetzt sind allerdings nur
die Grundlagen erforscht, und viel weitere Arbeit muss geleistet werden, bevor eine wirkliche Vorhersage getroffen werden
kann", so Alexander Gerst, der am Geophysikalischen Institut in Hamburg arbeitet und unter anderem Vulkane in der Antarktis
und in Vanuatu erforscht.
Messung der Spannungen im tiefen Gestein von der Erdoberfläche aus
Um die Spannungsänderungen zu messen, die eine sich erweiternde Magmakammer in einer Tiefe von über 10
km erzeugt, müssen die Wissenschaftler eine besondere Technik anwenden, da man in solche Tiefen keine Bohrlöcher mehr
bohren kann. Diese wären aber ohnehin viel zu teuer und unflexibel. Aus diesem Grund analysieren die Wissenschaftler
Seismogramme von bis zu 250 km entfernten Erdbeben, die auf dem Vulkan von tragbaren Seismometerstationen aufgezeichnet
werden.
Die Erdbebenwellen durchqueren vor dem Erreichen der Erdoberfläche das Gestein unter dem Vulkan, und "durchleuchten"
ihn somit wie bei einer Röntgenaufnahme. Anhand der Seismogramme können die Forscher dann mittels einer Methode, die man
Scherwellenaufspaltung nennt, die sogenannte Anisotropierichtung im Untergrund feststellen, die gleichzeitig auch die Richtung
der stärksten Spannung im Untergrund anzeigt. Genau diese Richtung hat sich aufgrund des Vulkanausbruchs um beinahe 90 Grad
gedreht, und dreht sich nun langsam wieder auf den Wert von vor dem Ausbruch zurück..
Vorhersagezeiten im Bereich von einigen Monaten bis zu wenigen Jahren.
Angesichts der Tatsache, dass bereits 10% der Weltbevölkerung im Gefährdungsbereich eines Vulkans
wohnt und dieser Anteil zudem stark ansteigt, sind neue und verbesserte Vorhersagemethoden wichtiger denn je. Besonders im
Bereich der mittelfristigen Vorhersage - d.h. einige Monate bis wenige Jahre im Voraus - könnte diese neue Methode wertvolle
Dienste leisten. Denn bis zum heutigen Tag gelingt es Forschern bei Vulkaneruptionen oft nicht, zuverlässige Voraussagen über
das Verhalten eines Vulkans zu treffen, die über den Zeitraum von wenigen Wochen hinausgehen.
Die Forscher hoffen, dass die Methode nicht nur am Mt. Ruapehu angewendet werden kann, sondern auch an weiteren Vulkanen. Dies
ist nicht selbstverständlich, denn jeder Vulkan hat sein eigenes, individuelles Verhalten, wenn es um die Anzeichen von
Eruptionen geht. Doch die Forscher sind in diesem Punkt zuversichtlich, denn, so Gerst, "die Spannungseigenschaften des
Untergrunds von Mt. Ruapehu sind ähnlich zu denen von zahlreichen anderen Vulkanen auf der Erde und legen damit nahe, dass
diese Methode auch an diesen Vulkanen anwendbar sein wird". Deshalb liegt die Herausforderung nun darin, diese neue
Vorhersagemethode bei einem zukünftigen Vulkanausbruch zu bestätigen und herauszufinden, ob sie auch an anderen Vulkanen auf
der Erde anwendbar ist.
Quelle: www.uni-hamburg.de
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