Ärzte ohne Grenzen verstärkt Such- und Rettungseinsatz im Mittelmeer
Augusta/Berlin, 11. Mai 2015. Seit dem Wochenende ist ein zweites Schiff mit einem Team von Ärzte ohne
Grenzen zur Rettung von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer unterwegs. An Bord der Bourbon Argos, die am Samstag den Hafen Augusta
auf Sizilien verlassen hat, ist eine 26-köpfige Mannschaft, zu der ein erfahrenes Such- und Rettungsteams sowie medizinisches
Nothilfe-Personal gehören.
Bereits seit dem 2. Mai ist auf dem Mittelmeer die MY Phoenix unterwegs. Das Schiff, das gemeinsam von Ärzte ohne Grenzen und
der Initiative MOAS (Migrant Offshore Aid Station) betrieben wird, hat in der
vergangenen Woche 591 Menschen aufgenommen und war an der Bergung von weiteren 101 Personen beteiligt. Das Team von Ärzte ohne
Grenzen an Bord hat alle 692 Menschen untersucht und, wenn nötig, behandelt.
"Mindestens 1.750 Menschen haben seit Beginn des Jahres ihr Leben verloren als sie versuchten, das Mittelmeer zu
überqueren. Viele von ihnen waren auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und extremer Armut", beschreibt Francois Zamparini,
Nothilfe-Koordinator von Ärzte ohne Grenzen auf der Bourbon Argos. "Im Laufe des Sommers werden immer mehr Menschen
versuchen, das Meer zu überqueren. Deswegen weiten wir unseren Einsatz aus."
Ein Team aus Ärzten, Krankenpflegern, Logistikern, Wasser- und Sanitärexperten und interkulturellen Mediatoren wird an Bord
medizinische Hilfe leisten und Hilfsgüter an die Geretteten verteilen. Die Bourbon Argos kann 300 bis 350 Menschen an Bord
nehmen. Das 68 Meter lange Schiff wurde speziell für Such- und Rettungsaktionen ausgerüstet. An Deck sind mehrere Container
aufgebaut, in denen eine Notaufnahme, ein Untersuchungsraum, ein Verbandsraum, ein Raum für Hygienematerialien, ein Lager und
eine Leichenhalle eingerichtet wurden.
"Immer mehr Menschen riskieren ihr Leben auf hoher See, weil es an sicheren und legalen Wegen fehlt, um nach Europa zu
kommen und Asyl zu beantragen", sagt Aurélie Ponthieu, Expertin für Migrationsfragen bei Ärzte ohne Grenzen. "Die
Such- und Rettungsaktionen sind essentiell, um Menschenleben zu retten. Sie werden aber die Gesamtsituation langfristig nicht
lösen können. Die Teams von Ärzte ohne Grenzen im Mittelmeerraum arbeiten, um Leben zu retten und medizinische Hilfe dort zu
leisten, wo sie am dringendsten benötigt wird - bis sich die Europäische Union auf angemessene und humane Art und Weise der
Lage annimmt."
In den letzten fünfzehn Jahren hat Ärzte ohne Grenzen Migranten, Asylsuchenden und Flüchtlingen in ganz Europa Hilfe
geleistet. Neben dem Such- und Rettungseinsatz auf MY Phoenix und Bourbon Argos leistet Ärzte ohne Grenzen derzeit medizinische
Hilfe im Aufnahmezentrum in Pozzallo/Sizilien, sowie erste psychologische Hilfe an Häfen und in Asylzentren in der Region
Ragusa/Sizilien. Ärzte ohne Grenzen betreibt auch Hilfsprogramme für Migranten, Asylsuchende und Flüchtlinge in Griechenland
und Serbien, wo sich die Organisation um medizinische Betreuung, die Verteilung von Hilfsgütern und Therapie für Folteropfer
kümmert.
Weitere Infos: www.aerzte-ohne-grenzen.de
Nachdem am 2. Mai die MY Phoenix und am 9. Mai die Bourbon Argos zu Such- und Rettungseinsätze ausliefen, folgte am 13. Juni die Dignity 1, die ebenfalls mit einem Team von Ärzte ohne Grenzen im Mittelmeer unterwegs ist.
Flüchtlingsdramen im Mittelmeer, erschütternde Bilder und besorgniserregende Zahlen gingen in den
letzten Monaten um die Welt. Allein im ersten Halbjahr 2015 endete für mehr als 1.750 Flüchtlinge der Traum von einem besseren
Leben nicht im vermeintlich reichen Europa, sondern in einem Massengrab, genannt Mittelmeer. Doch wie reich ist Europa
eigentlich, wenn es nicht um die Rettung von Banken oder verschuldeten Mitgliedsstaaten geht, sondern um die Rettung von
Menschenleben?
Weitere Infos: Flüchtlinge im
Mittelmeer
Das Thema der letzten, dieser und der nächsten Seite:
Weitere Rubriken: